Bereits in den kommenden Wochen könnte Finnland einen Antrag zum Beitritt zur NATO stellen, heißt es aus dem Parlament in Helsinki. Schweden will diesen Schritt ebenfalls machen. Moskau warnt bereits vor den Veränderungen in der regionalen Sicherheitsarchitektur.
Die Eskalation in der Ukraine sorgt auch in Europa für größere geopolitische tektonische Verschiebungen. Finnland und Schweden, beide bislang blockfrei bzw. neutral, wollen dem von den Vereinigten Staaten angeführten transatlantischen Militärbündnis NATO beitreten. Ein Schritt, der in Moskau nicht gerade positiv aufgenommen wird. Doch die Transatlantiker in den beiden nordischen Staaten haben mit dem Einmarsch der russischen Truppen in die Ukraine auch dort die Oberhand gewonnen, so dass formale Beitrittsanträge nur mehr eine Frage der Zeit sind.
Während eines Treffens mit Politikern in Schweden am Donnerstag informierte ein hochrangiger Vertreter des finnischen Parlaments für Außenpolitik die Verbündeten des Landes, dass Finnland wahrscheinlich in den kommenden Wochen einen formellen Antrag auf Beitritt zur NATO stellen wird. Dies geschieht, nachdem Schweden bereits Anfang des Monats erklärt hat, dass es auf dem Weg ist, dem westlichen Militärbündnis beizutreten. Russland hat eindringlich davor gewarnt, dass ein NATO-Beitritt der beiden nordischen Länder eine nukleare Aufrüstung in der baltischen Region auslösen würde.
Die Möglichkeit wurde diese Woche im finnischen Parlament intensiv diskutiert. Am Dienstag gab die Regierungspartei der Sozialdemokraten eine Erklärung ab, in der es hieß: „Es ist offensichtlich, dass die Aktionen Russlands Finnland einige Schritte näher an die Notwendigkeit einer militärischen Anpassung gebracht haben“, so Reuters. Am darauffolgenden Tag, dem Donnerstag, trafen sich finnische Spitzenbeamte mit ihren schwedischen Kollegen, um sich über den Stand der nationalen Debatte zu informieren, die voraussichtlich bis in den Mai andauern wird.
Die Helsinki Times berichtete Folgendes:
Erkki Tuomioja (SDP), der stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses, erklärte gegenüber schwedischen Politikern, dass Finnland seinen Beitrittsantrag wahrscheinlich in den kommenden Wochen einreichen werde, da der Schritt von einer „starken Mehrheit“ sowohl in der Öffentlichkeit als auch bei den Gesetzgebern befürwortet werde. „Ich habe dies unabhängig davon gesagt, ob ich persönlich es für gut oder schlecht halte“, fügte er der Stockholmer Zeitung hinzu.
Die Schweden sind etwas zurückhaltender. Zwar sprechen sich dort auch die führenden Sozialdemokraten für einen NATO-Beitritt des Landes aus, doch in der Basis der Partei findet dies keinen so großen Anklang. Treibende Kraft sind hier vielmehr die Finnen, die keine Konfrontation mit Moskau scheuen. Doch dort rufen die Bestrebungen der Skandinavier keine positive Reaktion hervor.
„Unter der Schirmherrschaft der USA hat Brüssel Schweden und Finnland eine Zeit lang in seine Strukturen hineingezogen, es gab verschiedene hybride Maßnahmen, die unter dem Deckmantel von Übungen oder Trainingseinheiten durchgeführt wurden“, sagte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa. „Wir haben alle unsere Warnungen ausgesprochen – sowohl öffentlich als auch über bilaterale Kanäle. Sie wissen darüber Bescheid, es gibt also keine Überraschungen. Sie waren über alles informiert und wussten, wozu es führen wird“, fügte sie bedrohlich hinzu, ohne jedoch auf Einzelheiten einzugehen.
Letzte Woche zitierte Sky News die Warnungen des stellvertretenden Vorsitzenden des russischen Sicherheitsrates, Dmitri Medwedew, wie folgt: „Russland hat gesagt, dass es „kein Gerede mehr über ein atomwaffenfreies Baltikum“ geben wird, wenn Schweden und Finnland der NATO beitreten. Eine solche Entwicklung würde die Länge der Landgrenzen des Militärbündnisses zu Russland mehr als verdoppeln.“
In den kommenden Monaten könnte es also durchaus zu einigen dramatischen geopolitischen Entwicklungen kommen, sollten Helsinki und Stockholm tatsächlich einen Antrag zum NATO-Beitritt stellen.