Als die USA Russlands Dollarreserven konfiszierten, war das ein Weckruf für die Welt. Doch die globalistischen Ideen stoßen nicht nur auf Ablehnung. Auch Chinas Staatschef Xi Jinping kann diesem Plan zumindest teilweise etwas abgewinnen.
Klaus Schwab, der Gründer des Weltwirtschaftsforums, träumt von einem „Great Reset“ des globalen Systems. Er hat argumentiert, dass Covid-19 und die Klimakrise gezeigt haben, dass kein Land eine Insel ist und dass eine stärkere globale Koordination in allen Bereichen erforderlich ist. Ein „Great Reset“ würde die globalistischen Eliten in die Lage versetzen, das globale System neu zu gestalten und eine neue globale Finanzarchitektur in deren eigenem Sinne zu schaffen.
Im Januar überredete Schwab den chinesischen Präsidenten Xi Jinping, auf dem jährlichen WEF-Treffen in Davos (Schweiz) zu sprechen, bei dem die weltweite finanzielle, politische und kulturelle Elite zusammenkommt. In seiner per Videoschaltung aus Peking übertragenen Rede rief Xi zu mehr internationaler Zusammenarbeit auf, um den Klimawandel, die wirtschaftliche Ungleichheit und andere globale Herausforderungen zu bewältigen. Mit seiner Ansprache signalisierte Xi, dass er den Geist des WEF-Programms von Schwab befürwortet. Er warnte aber auch vor einer Konfrontation, die, wie er sagte, „katastrophale Folgen“ haben könnte.
Nach der Finanzkrise 2008, die durch den Zusammenbruch der Investmentbank Lehman Brothers ausgelöst wurde, gewann die Idee eines „Reset“ des globalen Systems an Bedeutung. Die US-Regierung gab Billionen von Dollar aus, um einen Zusammenbruch des Finanzsystems zu verhindern. Als sich der Staub gelegt hatte, warnte eine wachsende Zahl von Finanz- und Wirtschaftsexperten, dass die massive Verschuldung der USA, die durch die „quantitative Lockerung“ (Ausweitung der Geldmenge) angeheizt wurde, letztlich zu einer massiven Inflation führen und die Rolle des Dollars als globale Reservewährung untergraben würde.
Russland-Sanktionen als Weckruf
Die Ukraine stellte die herkömmlichen „Reset“-Szenarien auf den Kopf. Dass die USA die russische Zentralbank vom Dollarsystem abgeschnitten haben, war der sprichwörtliche Game-Changer. Die US-Regierung hat ihre Kontrolle über das Dollarsystem nach Belieben gegen Länder wie Venezuela, Nordkorea und den Iran eingesetzt. Doch als sie Russlands Dollarreserven beschlagnahmte, wurde die Welt wachgerüttelt. Länder, die nicht direkt mit den USA verbündet sind, werden versuchen, ihre Abhängigkeit vom Dollarsystem zu verringern. China hat das Dollarsystem huckepack genommen und hatte keine unmittelbare Notwendigkeit, den Dollar in Frage zu stellen, aber angesichts des zunehmenden Engagements der USA in Taiwan hat China Gründe, sich Sorgen zu machen.
Die Herausnahme Russlands aus dem Dollarsystem hat deutlich gemacht, dass die US-Finanzmacht ohne rechtliche Beschränkungen agieren kann. China hat bereits so genannte Währungs-Swap-Vereinbarungen mit Dutzenden von Ländern geschlossen, um das Dollarsystem zu umgehen, aber es könnte nun das Bedürfnis verspüren, ein Yuan-zentriertes Zahlungssystem für internationale Transaktionen zu entwickeln. Entsprechende Anfänge wurden bereits gemacht und sowohl Russland als auch der Iran nutzen dieses beispielsweise.
Der drohende Untergang des Dollars
Spekulationen über den Untergang des Dollarsystems gibt es schon seit mehreren Jahrzehnten. Die Dollar-Bären argumentieren, dass Amerikas anhaltende Handelsdefizite, Haushaltsdefizite und die wachsende Staatsverschuldung unhaltbar sind und dass es eine Grenze gibt, wie lange noch Geld gedruckt werden kann, um die Differenz auszugleichen. Theorien über den Untergang des Dollars sind zu einem der heißesten Themen unter Finanzexperten, Wirtschaftswissenschaftlern und der Kryptowährungsgemeinschaft geworden. Bekannte Investoren wie Jim Rogers, Marc Faber und Peter Schiff haben mit Weltuntergangsprognosen Karriere gemacht.
Die schlimmsten Prognosen für eine Dollarkrise gehen über die Große Depression der 1930er Jahre hinaus. Sie sehen Bankschließungen, Rettungsaktionen, Kapitalverkehrskontrollen, Lebensmittelknappheit, Stromausfälle und die Rationierung lebenswichtiger Güter vor. Die meisten sind sich darin einig, dass eine Dollarkrise auf der ganzen Welt nachhallen würde. Die Nachfrage nach Dollar und US-Staatsanleihen würde einbrechen und die Zinssätze würden in die Höhe schnellen. Andere sehen eine „Superinflation“ und Millionen von Menschen, die ihren Arbeitsplatz, ihre Ersparnisse und ihre Renten verlieren würden.
Ende letzten Jahres näherte sich die Staatsverschuldung der USA der 30-Billionen-Dollar-Grenze, während die weltweite Verschuldung 300 Billionen Dollar erreichte, wovon der größte Teil in Dollar denominiert ist. Die Frage, wie diese Schulden bedient werden sollen, wenn die Zinssätze angehoben werden, um eine steigende Inflation zu verhindern, hält die Banker nachts wach. Der Konflikt in der Ukraine hat das Problem noch verschärft. Der Ausschluss Russlands aus dem Dollarsystem macht eine Neugestaltung des globalen Finanzsystems unvermeidlich, wird aber mit einem sehr hohen Preis verbunden sein.
Alternatives Zahlungssystem mit (digitalem) Yuan?
China hat stark in das Dollarsystem investiert und wird zweifellos versuchen, eine sanfte Landung des Dollars zu erreichen. Aber es wird ein paralleles, auf den Yuan ausgerichtetes Zahlungssystem als Sicherheitsnetz entwickeln und seine Abhängigkeit vom Dollarsystem verringern. Praktisch alle nicht-westlichen Länder, einschließlich der Erdöl produzierenden Länder, werden sich dem Yuan-System anschließen, ebenso wie einige europäische Länder, die zunehmend vom chinesischen Handel und von chinesischen Investitionen abhängig sind. Die Saudis evaluieren derzeit mit den Chinesen die Abwicklung eines Teils der Ölverkäufe mit dem Yuan.
China ist nicht nur der weltweit größte Importeur von Öl und zahllosen anderen Rohstoffen, sondern auch der weltweit größte Produzent von wichtigen Konsumgütern, grüner Technologie und Industrie 4.0-Technologien. Die Einführung des digitalen Yuan ermöglicht es China, eine neue Finanzarchitektur von Grund auf aufzubauen. Digitales Geld wird bei Industrie 4.0-Technologien eine zentrale Rolle spielen. Klaus Schwab wird zumindest einen Teil seines technokratischen Great Reset bekommen, wenn auch nicht so, wie er es sich vorgestellt hat. Denn Peking spielt dabei eine große Rolle – und die nationalistisch-völkische Denkweise der Han-Chinesen steht dem globalistischen Denken Schwabs und dessen WEF-Anhängern doch diametral entgegen.