Der Westen und Russland befinden sich auch in einem Informationskrieg. Doch wie so oft zeigt man sich seitens der “Wir sind doch die Guten”-Fraktion uneinsichtig und betroffen. So auch jetzt mit dem Verbot der “Deutschen Welle” in Russland.
Viele Staaten betreiben Auslandssender, die als Soft-Power-Instrumente dienen. Einerseits sollen sie den Menschen im Ausland die jeweilige Kultur und das eigene Land näherbringen, sowie über diverse Vorkommnisse berichten, andererseits auch die Ansichten der jeweiligen Regierungen in ferne Länder tragen. Nicht selten handelt es sich hierbei auch um mehr oder weniger subtile Regierungspropaganda. Egal um welchen Staat und um welchen Sender es sich dabei handelt.
Im Zuge der Eskalation in der Ukraine haben beispielsweise viele europäische Länder den Zugang zu russischen Staatsmedien wie RT oder Sputnik geblockt. Man wolle keine russische Propaganda/Desinformation haben. Nun, die Regierungen in Europa wollen eben nur eine einseitige Berichterstattung haben, welche die eigenen Narrative unterstützt. Und damit die eigene Medienlandschaft brav auf Linie bleibt, gibt es auch einschränkende Gesetze für diese, damit die veröffentlichte Meinung den herrschenden Narrativen entspricht und ja niemand auf die Idee kommt, den eingeschlagenen Kurs zu hinterfragen.
Nun gut, mit dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt, sowie auf Pressefreiheit hat das zwar nicht mehr viel zu tun, aber in Kriegszeiten (ja, befinden sich die EU bzw. die NATO nun eigentlich im Krieg mit Russland oder nicht?) gelten ja andere Regeln. Doch wenn Moskau dann entscheidet, gleichzuziehen und ebenfalls ausländische Staatssender zu verbieten, wird aufgejault.
So heult man bei der “Deutschen Welle” nach der Erklärung Moskaus, der deutsche Staatssender sei eine “unerwünschte Organisation”, nun auf, dass der Kreml “kritische Medienstimmen” zum Schweigen bringe. DW-Generaldirektorin Barbara Massing erklärte sogar, dass dieser Schritt der russischen Behörden nur ein weiteres Zeichen dafür sei, jegliche Meinungsfreiheit im Land zu unterdrücken. Doch den eigenen, von Staatsgeldern abhängigen Sender als “freies Medium” zu bezeichnen, welches “unabhängige Informationen” verbreite, offenbart doch eine gewisse ideologische Verblendung.
Ok, die Chefin des deutschen Regierungssenders wirft den Russen also eine Einschränkung der Meinungsfreiheit vor, weil die russische Staatsduma die russische Staatsanwaltschaft dazu aufrief, die Aktivitäten der Deutschen Welle wegen der Verbreitung antirussischer Positionen zu verbieten und dies nun auch durchgesetzt wurde. Doch dass dies von einem Staatssender kommt, dessen eigene Chefetage (nämlich am Ende die deutsche Bundesregierung) das EU-Verbot für die Verbreitung von Inhalten der russischen Staatssender wie RT und Sputnik bereits im Jahr 2022 umgesetzt hat, entbehrt nicht einer gewissen Ironie.
Anders ausgedrückt: Russische Propaganda in Europa/Deutschland ist schlecht, aber deutsche/europäische Propaganda in Russland ist gut. Wer russische (iranische, chinesische oder was auch immer) Staatssender verbietet, ist im Recht, aber wenn die jeweils betroffenen Länder dann ebenfalls zu Sendeverboten greifen, ist das eine Einschränkung der Presse- und Meinungsfreiheit. Doch am Ende zeigt sich nur eine moralische Überheblichkeit der Bessermenschen im Westen, die glauben, die absolute Wahrheit für sich gepachtet zu haben.
Das Problem dabei ist nur, dass es “die Wahrheit” im objektiven Sinne oftmals gar nicht gibt, bzw. diese nur sehr schwierig herauszufinden ist. Wenn beispielsweise in einem umkämpften ukrainischen Dorf ein Massaker an Zivilisten verübt wurde, kann man ohne unabhängige Untersuchungen kaum verifizieren, wer dafür verantwortlich war. Selbst mit ballistischen Analysen wird es schwierig, da russische Kräfte erbeutete westliche Waffen verwendet haben könnten oder ukrainische Soldaten auch erbeutete russische Gewehre. Doch sowohl im Westen als auch in Russland wird man nur eine Seite der Geschichte verbreiten und als “die Wahrheit” verkaufen. Was tatsächlich stimmt, ist im Informationskrieg nebensächlich.
Am Ende ist das Verbot der Deutschen Welle in Russland auf der einen Seite eine Reaktion auf ähnliche Maßnahmen gegen russische Staatsmedien in Deutschland und Europa, auf der anderen Seite jedoch auch nur ein Teil des allgemeinen Informationskriegs, den alle beteiligten Parteien führen. Doch anstatt die Entscheidung Moskaus zu akzeptieren, wirft man seitens der DW-Führung Steine im Glashaus. Denn wer die Einschränkung der Pressefreiheit im eigenen Land nicht kritisiert, sollte andere Staaten nicht für denselben Schritt desavouieren. Auch dann nicht, wenn man selbst davon betroffen ist.
