Es ist allgemein bekannt, dass zu wenig Bewegung der Gesundheit schadet. Vor allem das stundenlange Sitzen sorgt für ein erhöhtes Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Doch eine neue Studie macht Hoffnung, dass diese Auswirkungen womöglich abgemildert werden können.
Mittlerweile verbringen immer mehr Menschen ihre Zeit im Sitzen. Junge Erwachsene sitzen im Durchschnitt rund sechs Stunden pro Tag. Doch das Problem dabei ist, dass schon kürzere Phasen des Bewegungsmangels zu einer geringeren Dehnungsfähigkeit der Arterien führen können. Genau diese Fähigkeit – der Fachbegriff lautet: flow-mediated dilatation (FMD) – ist für gesunde Blutgefäße unerlässlich. Frühere Studien haben gezeigt, dass schon ein Rückgang von nur 1 Prozent der FMD das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall um 13 Prozent erhöhen kann.
Doch eine neue Studie der University of Birmingham, veröffentlicht unter dem Titel “Dietary flavanols preserve upper- and lower-limb endothelial function during sitting in high- and low-fit young healthy males” im The Journal of Physiology” lässt aufhorchen. Sie zeigt, dass bestimmte Lebensmittel – vor allem solche, die reich an Flavanolen sind – den schädlichen Einfluss des Sitzens auf unsere Blutgefäße zumindest teilweise abmildern könnten. Zu diesen Lebensmitteln gehören unter anderem Tee, Beeren, Äpfel, Nüsse und Kakao.
Das Forschungsteam um Catarina Rendeiro wollte wissen, ob flavanolreiche Lebensmittel diesen Effekt abschwächen können. Dazu rekrutierten sie 40 gesunde junge Männer: die eine Hälfte sportlich fit, die andere Hälfte weniger fit. Alle mussten zwei Stunden lang sitzen – aber vorher tranken sie entweder ein Getränk mit hohem Flavonolgehalt (695 mg) oder eines mit einem niedrigen (5,6 mg) Gehalt an Flavonolen. Während des Sitzens wurden verschiedene Parameter gemessen: Blutdruck, Blutfluss, Elastizität der Arterien und die Sauerstoffversorgung der Beinmuskulatur.
Das Ergebnis: Bei den Männern, die das niederflavanolhaltige Getränk bekamen, zeigte sich nach zwei Stunden Sitzen das erwartete Muster von steiferen Arterien, höherem Blutdruck, schlechterer Durchblutung und einer geringeren Sauerstoffversorgung der Beine. Und dies unabhängig von der persönlichen Fitness der Männer.
Ganz anders bei der Gruppe mit dem hochflavanolhaltigen Kakao: Hier blieben die Werte stabil. Die Blutgefäße verhielten sich so, als hätten sie gar keine zwei Stunden am Stück gesessen. Mit anderen Worten: Flavanole schützten die Gefäße – Fitness spielte dabei keine Rolle. Der Schlüsselmechanismus dahinter scheint laut den Forschern die erhöhte Produktion von Stickstoffmonoxid (NO) zu sein, einem Molekül, das Blutgefäße erweitert und entspannt.
Die Studie konzentrierte sich ausschließlich auf Männer. Dies geschah jedoch nicht aus Ignoranz, sondern weil der weibliche Zyklus die Gefäße und die Wirkung von Flavanolen beeinflussen kann. Damit wären die Studienergebnisse verfälscht worden. Allerdings, so betonen die Forscher, könnte dies ein interessantes zukünftiges Forschungsfeld sein.
Wer also viel sitzt (insbesondere auf langen Reisen), kann mit einer Tasse Tee (grün oder schwarz), ein paar Beeren und Nüssen, aber auch Äpfeln und Pflaumen, sowie mit flavonolhaltigen Kakao- und Schokoladenprodukten zumindest ein wenig für seine Gefäße tun. Doch die regelmäßige Bewegung selbst wird dadurch nicht ersetzt.
