Wirtschaftsinstitut legt offen: Hälfte der Sonderschulden wird zweckentfremdet

Bild: freepik / sviatkovskyi

Mit dem sogenannten “Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität” hatte die Bundesregierung angeblich den Investitionsstau in Deutschland lösen und die marode Infrastruktur sanieren wollen: So war es leichtgläubigen Bürgern verkauft worden. Das Institut der deutschen Wirtschaft hat diese leeren Behauptungen inzwischen in einer Pressemitteilung demontiert. Tatsächlich werde jeder zweite Euro zweckentfremdet und etwa zur Füllung von Haushaltslücken genutzt. In einer Pressemitteilung spricht man von “Buchungstricks und Etikettenschwindel”.

Der folgende Artikel ist eine Übernahme vom Multipolar-Magazin:

Köln.(multipolar) Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) weist in einer Pressemitteilung darauf hin, dass in der Haushaltsplanung des Bundes bis 2029 knapp 50 Prozent der Mittel aus dem Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität (SVIK) nicht in zusätzliche Investitionen fließen. Stattdessen würden 133 von 271 Milliarden Euro der im Rahmen des SVIK geplanten Neuverschuldung bis 2029 dazu verwendet, um „Lücken im Haushalt zu stopfen“. Dabei bediene sich die Bundesregierung einer „ganzen Reihe von Tricks“, erklärt Tobias Hentze, Autor des zur Pressemitteilung gehörigen Beitrags „Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität: ein Verschiebebahnhof mit vielen Gleisen“. Die Politik müsse einhalten, was sie versprochen habe. Sonst vergebe sie die „Chance auf langfristiges Wachstum“, schreibt Hentze.

Zu den „Tricks“ gehöre eine „ambitionslos“ gewählte Investitionsquote von zehn Prozent im regulären Haushalt, die in den Vorjahren höher lag. Zudem werde diese Quote „willkürlich“ interpretiert, indem die Bundesregierung Verteidigungsinvestitionen einbeziehe, obwohl diese Ausgaben von der Schuldenbremse ausgenommen seien. Für den Länderanteil gebe es gar keine Quote. Daneben nutze die Regierung „kreative Buchungstricks“, um Investitionen zwischen Haushalt und Sondervermögen zu verschieben. Bereits geplante Ausgaben wanderten ins Sondervermögen, etwa für Brücken, Schulen oder Krankenhäuser. Gleichzeitig erhöhe die aktuelle Koalition andere Posten im Kernhaushalt, die zwar formell als Investitionen gelten, aber faktisch keine Infrastruktur verbesserten.

Um das Ausmaß der Verschiebungen abschätzen zu können, legt Hentze, Leiter des Themenclusters Staat, Steuern und Soziale Sicherung beim IW, die Haushaltsplanung der abgewählten Ampel-Regierung für 2025 bis 2029 zugrunde. Mithilfe des SVIK plane die aktuelle Koalition 164 Milliarden Euro Mehrausgaben für diesen Zeitraum. Da auch die „Reduzierung der Globalen Minderausgabe“ im Klima- und Transformationsfonds (KTF) von 16 Milliarden Euro im Zeitraum von 2025 bis 2028 ökonomisch als zusätzliche Investition interpretiert werden könne, kommt Hentze auf zusätzliche Investitionen im Zeitraum 2025 bis 2029 von 180 Milliarden Euro. Dem gegenüber stehe eine Neuverschuldung im Rahmen des SVIK von 271 Milliarden Euro in diesem Zeitraum. Dies bedeute, dass 91 Milliarden Euro nicht zusätzlich investiert würden, so Hentze.

Aus dem Beitrag des IW-Autors geht hervor, dass dem Bund lediglich 229 Milliarden Euro an Krediten aus dem SVIK zur Verfügung stehen, wenn man berücksichtigt, dass 42 Milliarden Euro für die Länder vorgesehen sind. Zweckentfremdete Gelder von 91 Milliarden Euro entsprächen demnach auf Bundesebene 40 Prozent der Mittel aus dem SVIK. Käme es auch bei den 42 Milliarden Euro für die Länder nicht zu zusätzlichen Investitionen, dann würden sich die zweckentfremdeten Mittel von 91 Milliarden auf 133 Milliarden Euro erhöhen. Dies entspricht laut Hentze einem Anteil von 49 Prozent an der Neuverschuldung von 271 Milliarden Euro aus dem SVIK für den Zeitraum 2025 bis 2029. Die Länder sind – anders als der Bund – bei der Verwendung der Mittel aus dem SVIK nicht an eine Mindestquote für Investitionsausgaben aus ihren jeweils regulären Haushalten gebunden.

Die vom IW berechneten Ausmaße der „Tricks“ und Verschiebungen werden in ihrer Größenordnung von anderen Institutionen bestätigt. So stellt eine Studie der Heinrich-Böll-Stiftung fest, dass bei den Sondervermögen SVIK und KTF „rund 40 Prozent“ der Ausgaben auf Bereiche entfalle, bei denen Kürzungen im Kernhaushalt vorgenommen wurden. In einem Bericht der Bundesbank werden ab Seite 160 die zusätzlichen gesamten Investitionsausgaben aus dem SVIK und dem regulärem Haushalt im Vergleich zu 2024 für 2025 lediglich auf 2,5 Milliarden Euro beziffert. Dem gegenüber ständen jedoch 37 Milliarden Euro Kreditaufnahme über das SVIK in 2025.

Bereits in zwei vorangegangenen Beiträgen hatte das IW auf die „Tricks“ der Bundesregierung bei der Berechnung der Investitionsquote sowie auf die Verschiebungen zwischen dem SVIK und dem regulären Haushalt hingewiesen. Multipolar hatte die Berechnungen des IW in einem eigenen Beitrag aufgeschlüsselt und bestätigen können.

Wenn Sie mit dafür sorgen möchten, dass unser unabhängiger Journalismus weiterhin eine Gegenstimme zu regierungstreuen und staatlich geförderten Medien bildet, unterstützen Sie uns bitte mit einer Spende!

Informationen abseits des Mainstreams werden online mehr denn je bekämpft. Um schnell und zensursicher informiert zu bleiben, folgen Sie uns auf Telegram oder abonnieren Sie unseren Newsletter! Wenn Sie mit dafür sorgen möchten, dass unser unabhängiger Journalismus weiterhin eine Gegenstimme zu regierungstreuen und staatlich geförderten Medien bildet, freuen wir uns außerdem sehr über Ihre Unterstützung.

Unterstützen Sie Report24 via Paypal: