Bad Salzuflen (NRW) liefert dieser Tage eine politische Glanzleistung: Eine ordnungsgemäß gewählte stellvertretende Bürgermeisterin passt nicht ins ideologische Weltbild – nun versuchen die Altparteien mit vereinten Kräften, dieses Ergebnis rückgängig zu machen.
Nur zwei Wochen nach ihrer überraschenden Wahl zur Vize-Bürgermeisterin von Bad Salzuflen (Kreis Lippe) soll die AfD-Politikerin Sabine Reinknecht schon wieder abgesetzt werden. Sie hatte 16 Stimmen erhalten, obwohl die AfD im Rat nur 13 Sitze hat. Offenbar hatten Mitglieder anderer Fraktionen für sie gestimmt, obwohl sie sich im Vorfeld eigentlich auf Vize-Bürgermeister von CDU, SPD und Grünen geeinigt hatten. Statt der Grünen-Kandidatin wurde es am Ende Reinknecht.
Nach der Wahl machten die Ratsfraktionen von CDU und SPD in einer gemeinsamen Presseerklärung ihrer Empörung Luft:
„Die Wahl der dritten stellvertretenden Bürgermeisterin, die eine Partei vertritt, die geprägt ist von Missachtung der Menschenwürde, Extremismus und Populismus, ist ein fatales Zeichen für unsere Stadt nach außen und die Zusammenarbeit innerhalb des Stadtrates. Spaltung, Ausgrenzung und populistische Vereinfachung stehen nicht für die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger.
Die Fraktionen von CDU und SPD sind entsetzt über diese Wahl. Wir sind enttäuscht, dass der im Vorfeld zwischen allen demokratischen Fraktionen abgestimmte Wahlvorschlag von einzelnen Mitgliedern des Rates offensichtlich hintergangen wurde.“
Die Fraktionen betonten, sie würden für „Demokratie, Vielfalt, Toleranz und Offenheit und eine Politik, die sich an den Menschen in unserer Stadt orientiert“ stehen.
CDU-Bürgermeister Dirk Tolkemitt hob hervor, dass Vorkommnisse wie in der vergangenen Ratssitzung sich nicht wiederholen dürften: „Rechtes und rechtsradikales Gedankengut darf keinen Platz haben in Bad Salzuflen. Das sind wir gerade im Monat November mit seinen Gedenktagen an Verfolgung, Krieg und Vertreibung unseren Vorgängern und unseren Nachfolgern schuldig. Denn ein Weg nach rechts führt immer nur in eine einzige Richtung: In den Abgrund.“
Nun formierten sich die selbsternannten Demokratieretter zu einer geschlossenen Front – mit dem erklärten Ziel, die AfD-Frau so schnell wie möglich loszuwerden: CDU, SPD, Grüne, USD, FDP und Linke haben einen gemeinsamen Antrag zur Abwahl von Reinknecht eingebracht. Laut Gemeindeordnung ist ein konkreter Grund dafür nicht erforderlich. Stattfinden soll die Abberufungswahl am Mittwoch (19.11.2025) im Rahmen einer öffentlichen Ratssitzung.
In einer gemeinsamen Presserklärung teilten die Fraktionen dazu mit: „Unser gemeinsames Ziel ist es, die demokratischen Institutionen zu unterstützen, stabile Rahmenbedingungen für die politische Arbeit zu schaffen und das Ansehen unserer Stadt nachhaltig zu sichern.“ Außerdem setze man sich gemeinsam dafür ein, dass es in Zukunft nur noch zwei Vize-Bürgermeister geben solle.
Auch wenn es rechtlich für eine Abwahl eines stellvertretenden Bürgermeisters in NRW keiner Begründung bedarf, wäre politisch eine solche notwendig, wenn man das Vorgehen transparent und glaubwürdig gestalten möchte. Doch genau das bleibt aus. Statt eindeutiger Gründe werden allgemeine Floskeln bemüht: Man wolle das „Ansehen der Stadt sichern“ oder „stabile politische Rahmenbedingungen schaffen“.
Das sind keine Argumente. In Wahrheit scheint es hier nicht um die Funktion der Stellvertretung zu gehen, sondern um das parteipolitische Signal: Eine AfD-Frau darf kein repräsentatives Amt erhalten, selbst wenn sie gewählt wurde. Damit entsteht (erneut) der Eindruck, dass demokratische Entscheidungen nur dann als gültig betrachtet werden, wenn sie politisch genehm sind. Das ist ein fatales Signal – die Bürger sehen, dass gewählte Ergebnisse rückgängig gemacht werden, wenn sie „unerwünscht“ sind.
