Die Vielfältigen grenzen sich selbst aus: In Berlin entsteht jetzt eine eigene Grabstätte für LGBTQ-Anhänger. Offenkundig möchte man nicht mehr mit unliebsamen Normalos bestattet und begraben werden.
Ein Kommentar von Vanessa Renner
Die Regenbogen-Community bekommt in Berlin eine eigene Grabstätte: Auf dem Alten St.-Matthäus-Kirchhof soll quasi ein eigenes Abteil für “queere” Tote (Totende … ?) entstehen. Auf einer Fläche von 30 Quadratmetern soll bis Frühjahr 2026 Platz für acht Särge und 100 Urnengräber geschaffen werden.
Im Zentrum der Stätte soll ein neues Hauptquartier für Pathogene aller Art stehen: Ein sogenannter “Kissing Stone” könne von trauernden Besuchern geküsst werden. “Er lädt dazu ein, bei zentralen Gedenkveranstaltungen mit einem gemeinsamen Ritual des Lippenbemalens und Küssens Teil des Erinnerns zu werden”, wirbt die Berliner Schwulenberatung in einer Pressemitteilung. Wie hygienisch. Vielleicht errichtet man nebenan noch ein Impfzentrum, das eine spezielle Kombi-Impfung für leidenschaftliche Steineküsser anbietet? Damit hätte man mit einem Besuch gleich zwei Agenden auf einmal unterstützt.
Der Künstler, der das Konzept entwickelt hat (insgesamt bewarben sich 14 Künstler mit ihren Entwürfen), sieht ein Sonderabteil als Zeichen von Inklusion: “Diese Gedenkstätte soll Menschen miteinander verbinden, über Grenzen hinweg”, so befindet er. Auch der grüne Bezirksbürgermeister von Tempelhof-Schöneberg ist hin und weg: “Wir gehen das Thema offensiv an. Die queere Familie ist ein fester Bestandteil unserer DNA.” Nur, dass dieser queere Bestandteil jetzt aus der DNA ausgelagert wird und als gesondertes Anhängsel nebenher schwimmt.
Wenn die Regenbogengemeinschaft das so will, dann soll sie das freilich haben. Die Schwulenberatung Berlin war zwar daran gescheitert, die anvisierten 160.000 Euro an Spenden für das Projekt zu sammeln, aber offenkundig ist eine Stiftung eingesprungen.
Ein wenig ulkig wirkt das Konzept auf Außenstehende schon: Indem die Regenbogentruppe wacker unter sich bleibt und sich lieber abseits in einer eigenen offenen Gruft bestatten lässt, macht sie sich selbst unsichtbar und zieht sich aus der Gesellschaft zurück. Im Fokus steht hier nicht mehr der Mensch als Individuum, sondern eine nicht-heterosexuelle Orientierung oder eine Umdeutung des eigenen biologischen Geschlechts. Alles andere wird irrelevant. Das wirkt widersinnig, denn wer sich an einen geliebten Menschen erinnert, der denkt eben nicht an Genderkram und Vorlieben im Schlafzimmer, sondern an all das, was diese Person wirklich ausgemacht hat und was einen mit ihr verbunden hat.
Mitglieder derselben Glaubensrichtung werden sich an einer solchen Gedenkstätte mutmaßlich trotzdem wohlfühlen, denn ähnlich wie in Kulten wirkt der geteilte Glaube bei einigen Menschen als alles bestimmender Identitätsstifter. Der Rest will aber einfach nur einem geliebten Menschen gedenken, keiner Regenbogenflagge huldigen. Wer sich auf dem Altar einer Ideologie begraben lassen will, muss sich wohl nicht wundern, wenn sein soziales Umfeld sich früher oder später nur mehr auf Gesinnungsgenossen reduziert. Mit der angeblich geforderten Gleichheit hat das nichts zu tun.
