Was geschah mit Christian Pilnacek? Heikle Gespräche aus der Dunkelkammer tauchen auf

Symbolbild, KI

Anna P., einst Vizebürgermeisterin von Rossatz und Referentin von Wolfgang Sobotka, wird von der WKSTA befragt. Sie bestreitet, in einem Gespräch in der “Dunkelkammer” irgendetwas gesagt zu haben. Es wäre eine „bsoffene“ G’schicht gewesen. Dem war aber gar nicht so. Beim Gespräch waren sie, Karin W., Christian Mattura und Lobbyist Peter Hochegger dabei. Der Journalist Michael Nikbakhsh hat das Gespräch aufgenommen und transkribiert. Wir erfahren Brisantes und Erstaunliches.

Von Franziska Gabriel

Anna P., Mitbewohnerin von Karin W. und Referentin vom damaligen Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka, spielt eine Schlüsselrolle im Pilnacek-Krimi. Sie fuhr mit Karin W. wenige Tage nach dem Todesfall zu Wolfgang Sobotka in dessen Privathaus nach Waidhofen an der Ybbs. Dort betreute die Ehegattin Marlies Sobotka die angeschlagene Karin W. psychologisch. Im oberen Stock überreichte Anna P. dem Nationalratspräsidenten Pilnaceks privaten Laptop und fragte ihn, ob er nicht hineinschauen wolle. Was er ablehnte mit den Worten: „Nein, sonst sind meine Fingerabdrücke drauf.“ Sobotka hat also von dem Laptop genau gewusst und geahnt, dass sich auf dem PC brisante Dateien aus dem Innenministerium befinden.

Sobotka bläute Anna P. ein: „Es war Selbstmord und damit basta!“

Auch die Aufforderung des Bundespolizeipräsidenten Michael Takacs an Anna P., sie solle den Laptop verschwinden lassen, deutet möglicherweise auf Mitwisserschaft und Vertuschung hin. Anna P. machte vor der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft eine falsche Aussage. Sie hatte sich nämlich mit Mattura, Peter Hochegger und Karin W. am 9. Dezember 2023 getroffen. In der Dunkelkammer des Journalisten Michael Nikbakhsh, einem Kellerlokal. Sie behauptete, man hätte dort zu viel Wein getrunken und nur herumgealbert, nannte es „a bsoffene G’schicht.“ Doch der Journalist hat das Gespräch aufgezeichnet, später transkribiert und ins Netz gestellt.

Hier ein Auszug aus der Dunkelkammer, dem Gespräch vom 9. Dezember 2023, eine gekürzte Fassung des Transkripts von Journalist Michael Nikbakhsh:

Passage 4: 00:24:09 – 00:25:08 “Nix, außer ein Feuerzeug”

Karin W.: Und wo ist der USB-Stick? Den hat er immer in seiner Hosentasche gehabt, einen USB, immer. Er hat am Abend die Hose ausgezogen, hat‘s am Schreibtisch gelegt und in der Früh wieder eingesteckt. Den hat er immer dabei gehabt, und ich habe immer so gescherzt: Hast eh deinen Stick dabei?

Anna P.: Also wir wissen, dass er an dem Abend ein dickes Packl Geld in der hinteren Hosentasche gehabt hat.

Karin W.: Ja

Peter Hochegger: Vom Wolfgang

Anna P.: Und dieser USB-Stick

Karin W.: Von welchem Wolfgang?

Anna P.: Vom Rauball

Karin W.: Aha

Anna P.: Das hat er uns erzählt

Karin W.: Ja, aber ein Packl Geld? Der Rauball?

Anna P.: Das hat er uns beiden erzählt, wie wir bei der C. waren.

Karin W.: Ja, aber wo wäre das denn jetzt?

Anna P.: Und es war der H. (Anm. ein Polizist aus Mautern), der hat seine Taschen ausgeräumt, und ich hab ihn am letzten Samstag wieder gefragt, weil wir gemeinsam auf einem Konzert waren, sag ich: Mein Bruder hat gesagt, du hast die Taschen ausgeräumt. Was war da drinnen? Sagt er: „Nix, außer ein Feuerzeug“

Karin W.: Und der Stick ist auch weg

Passage 5: 00:31:14 – 00:32:09 “Fünf Stunden fehlen”

Anna P.: Mein Bruder hat gesagt, es waren die Fingerspitzen schon also ein bisschen blau, mehr nicht. Was ja dann wieder darauf … unverständlich …, dass er noch nicht lang tot war. Es hat auch C., sein bester Freund, hat dann auch gesagt: „Boah, der ist ja noch voll weich und warm, der kann nicht lang tot sein.“ Das hat die Ärztin dann bestätigt.

…………………..

Anna P.: Die, die unten waren, mein Bruder und die alle, die alle haben gleich gesagt, der hat keine Wasserlunge. Und ich hab dann zu meinem Bruder gesagt, sag ich, wie war das? Sagt er: „Du, wir haben ihn rausgehoben, haben ihn dann auf die Seite gedreht, es ist ein bisschen Wasser vom Mund gekommen, das kommt von der Donau, von den Schiffen, einen Wellengang hast. Das kann schon reinkommen, das Wasser.“ Aber dann haben sie mir noch gesagt, sie haben ihn auf den Rücken gelegt und es ist nur Luft gekommen.

Passage 6: 00:34:40 – 00:35:09 “Aber du redest eh mit keinem?”

Anna P.: Freitag war Feiertag. Am Donnerstag haben sie Strategiebesprechung gehabt im Club und da war ich dann auch noch im Büro, weil ich erst um halb sieben abgeholt wurde und ein Kollege ist gekommen und sagt: „Anna, hast du einen kurzen Moment?“ Um sechs war das. Sagt er: „Ist die Pilnacek-Geschichte jetzt bei dir vorbei oder geben die eine Ruhe?“ Sag ich: Du, jein, ist gerade wieder eine Anfrage von Österreich gekommen an den Rouven (Anm. Rouven E., damals Sobotkas Sprecher). „Aha, und was steht da drinnen?“ Dann hab ich‘s ihm vorgelesen, sagt er: „Aber du redest eh mit keinem?“ Sag ich: Du, ich heb bei fremden Nummern nicht ab, ich red mit keinem, ich schreib mit keinem, nein. „Ok, na dann passt’s eh“

Passage 7: 01:03:34 – 01:04:31 “Das haben wir eh gut gemacht”

Anmerkung: Die nachfolgende Passage beschreibt die Übergabe von Pilnaceks privatem Laptop durch Anna P. an Christian Mattura, am 7. November 2023 in einer Wiener Tiefgarage.

Anna P.: Ich habe das offiziell schon gleich ein paar Tage oder eine Woche später gemacht, nachdem ich es mir durchgeschaut habe, und es waren nur alte Dateien drauf und, nichts Relevantes.

…………………..

Michael Nikbakhsh: Wann hast du ihm den (Anm. Pilnaceks Laptop) gegeben?

Anna P.: Ich weiß nicht, wann das war, war das zwei, drei Wochen später?

Christian Mattura: Ja, so, ja

…………………..

Anna P.: Ja, ein Monat wird’s sein. Und ich quasi bin hinten dann bei der Rückbank rein und hab den da unter die Jacke und hab dann zwei Flaschen Sekt rausgenommen.

Michael Nikbakhsh: War das eigentlich spontan oder wolltest du ihm den geben?

Anna P.: Ich wollte ihn ihm geben, weil der Rauball (Anm. Wolfgang Rauball, ein Freund Pilnaceks) gesagt hat, er weiß wen, der das machen kann, der sich ihn anschauen kann.

Michael Nikbakhsh: Also, der Rauball weiß auch, dass es ihn gibt?

Peter Hochegger: Ja, ja. Der hat die ganze Übung finanziert.

Passage 8: 01:39:38 – 01:40:41 “Wenn ich wieder ans Ruder komme”

…………………..

Michael Nikbakhsh: Hat er jemals in deiner, eurer Gegenwart irgendwas von Lebensmüdigkeit angedeutet?

Anna P.: Nein

Karin W.: Nein, nie

Michael Nikbakhsh: Jemals in eurer Gegenwart zu verstehen gegeben, dass er zu Affekthandlungen neigt, zu unüberlegtem Vorgehen?

Karin W.: Nein, überhaupt nicht. Er hat gesagt: “Hier, ich bin hier so zu Hause, ich bin ja schon ein Rossatzer“, hat er immer gesagt. Das hat er zu der Mikl-Leitner gesagt: „Ich bin jetzt schon ein Rossatzer.“ Und zum Ritschie Grasl

Passage 9: 01:41:37 – 01:43:02 “Bring mir den nicht schon wieder”

……………………..

Michael Nikbakhsh: Und die Frustration über die ÖVP? Und die versuchten Interventionen? War das jemals ein Thema? Also quasi das, was er am Bandl gesagt hat? (Anm. das von Christian Mattura im Juli 2023 heimlich hergestellte Pilnacek-Tape) Hat er das im kleinen Kreis auch wiederholt?

Karin W.: Bei uns nicht.

Anna P.: Bei uns nicht. Ich weiß über die G., dass er das, also die hat mir paarmal so Geschichten gesagt, dass er das tatsächlich schon die letzten zwei Jahre immer wieder gesagt hat, wie der UsA angefangen hat (Anm. gemeint ist hier der ÖVP-Korruptionsausschuss 2021-2024). Auch diese Aussage so quasi zum Wolfgang „Warum hast du mir nicht geholfen?“ „Weil du hast dich nicht für uns entschieden.“

…………

Passage 10: 01:46:40 – 01:47:09 “Da stimmt etwas ganz gewaltig nicht”

Anna P.: Also der Wolfgang, ich hab‘s eh gesagt, der ist so eintrichternd – „Das war Selbstmord und das war doch ohne Fremdverschulden.“ Und was mir auch nicht aus dem Kopf geht: Der Tomac Heli, der Landespolizeidirektor aus Tirol (Anm. Helmut Tomac), hat dem Rauball eine Nachricht geschickt.

Nachzulesen auf: https://dunkelkammer.simplecast.com/episodes/188-der-fall-pilnacek-11-da-stimmt-was-nicht-das-tape-aus-dem-keller

Anna P. – die wichtigste Zeugin im Fall Pilnacek

Anna P. spielt eine Schlüsselrolle zum Büro Sobotka, wie auch zum Innenministerium der ÖVP. Durch sie wurden Interna über Pilnacek an die ÖVP weitergegeben. Sie „rettete“ Daten für Sobotka, die sein Innenministerium vermutlich schwer belasteten. Sie ist nicht sehr diskret und hat möglicherweise einiges hier und dort ausgeplaudert, das politisch brisant war. Eine Plaudertasche mit besten Kontakten und Vernetzungen zur ÖVP. Sobotka verbot ihr sogar, mit Journalisten zu reden, und wollte sie überzeugen, dass Pilnaceks Tod ein Selbstmord war.

Wenn Anna P. alles sagt, was sie weiß, kostet es sie sicher ihren gut dotierten Job, sie käme in die Rolle der „Verräterin“. Dabei könnte sie aber der Wahrheitsfindung immens dienen. Sie hat sich durch ihre Wortmeldungen in ein großes Netz der Unwahrheit verstrickt. Sollte sie sich doch noch zur Wahrheit entschließen, könnte man vermutlich den Fall restlos aufdecken. Es gibt Hoffnung. Vielleicht nimmt sie sich ja Thomas Schmid als Vorbild und tritt in der Rolle der Kronzeugin auf? Wer weiß?

Wenn Sie mit dafür sorgen möchten, dass unser unabhängiger Journalismus weiterhin eine Gegenstimme zu regierungstreuen und staatlich geförderten Medien bildet, unterstützen Sie uns bitte mit einer Spende!

Informationen abseits des Mainstreams werden online mehr denn je bekämpft. Um schnell und zensursicher informiert zu bleiben, folgen Sie uns auf Telegram oder abonnieren Sie unseren Newsletter! Wenn Sie mit dafür sorgen möchten, dass unser unabhängiger Journalismus weiterhin eine Gegenstimme zu regierungstreuen und staatlich geförderten Medien bildet, freuen wir uns außerdem sehr über Ihre Unterstützung.

Unterstützen Sie Report24 via Paypal: