Neuere Studien zeigen, dass nicht nur das Vitamin D selbst wichtig ist, sondern ebenso das Mikrobiom des Darms. Ohne die passenden Bakterien im Verdauungstrakt kann das Sonnenvitamin nicht in ausreichender Menge in den Blutkreislauf gelangen.
Vitamin D gilt als das große Allheilmittel: Sonne tanken, Tablette einwerfen, Blutwert prüfen – fertig. So einfach hat man es uns jahrelang verkauft. Doch eine Studie mit dem Titel “Vitamin D metabolites and the gut microbiome in older men“, veröffentlicht bei Nature Communications, zeigt, dass es eben nicht so simpel ist. Denn entscheidend ist nicht nur, wie viel Vitamin D im Körper gespeichert ist, sondern ob es überhaupt in die aktive Form gelangt. Und genau an dieser Stelle mischt sich der Darm ein.
Forscher haben bei mehr als 500 älteren Männern nachgeschaut, wie es um die Vitamin-D-Werte bestellt ist. Das Ergebnis: Jene Männer, die eine vielfältige Darmflora aufwiesen, insbesondere mit Bakterien, die die Fettsäure Butyrat bilden, hatten signifikant mehr aktives Vitamin D im Blut. Egal, ob sie viel Sonne abbekamen oder Vitaminpillen schluckten – die Darmbewohner entschieden mit, ob das Sonnenvitamin tatsächlich etwas nützte. Butyrat entsteht, wenn Bakterien Ballaststoffe verdauen – also wenn wir zum Beispiel Vollkornbrot, Hülsenfrüchte, Gemüse oder Nüsse essen. Man könnte sagen: Der Darm macht aus Gemüse nicht nur Energie, sondern legt gleichzeitig einen Schalter um, der Vitamin D in Gang bringt. Fehlt dieser Schalter, bleibt das Vitamin wie ein Auto ohne Zündschlüssel: Es steht bereit, aber fährt nicht los.
Neuere Übersichtsarbeiten bestätigen zudem, dass der Zusammenhang zwischen Darm und Vitamin D keine Einbahnstraße ist. So zeigt ein Review mit dem Titel “Gut-vitamin D interplay: key to mitigating immunosenescence and promoting healthy ageing” im Fachjournal Immunity & Ageing, dass Vitamin-D-Signalwege und das Mikrobiom bidirektional interagieren. Wichtig ist dabei der Vitamin-D-Rezeptor, der im Darmgewebe stark exprimiert wird. Er reguliert nicht nur die Aufnahme von Nährstoffen und die Barrierefunktion des Darms, sondern beeinflusst auch, welche Bakterien sich dort ansiedeln können. Umgekehrt moduliert die Zusammensetzung des Mikrobioms wiederum die Aktivität dieses Rezeptors. Damit wird deutlich: Eine intakte Darmflora und ein aktiver Vitamin-D-Stoffwechsel stützen sich gegenseitig – fehlt das eine, schwächelt auch das andere.
Für den Alltag heißt das: Die Ernährung ist mehr als nur Kalorien oder Vitamine. Sie bestimmt, welche Mikroben im Darm leben und welche biochemischen Mechanismen unser Körper in Gang setzen kann. Wer nur auf Sonne oder Tabletten setzt, übersieht das Fundament. Ein gesunder Darm könnte der wahre Schlüssel dafür sein, dass das Vitamin D seine volle Kraft entfalten kann – für Knochen, Abwehrkräfte und das gesamte Wohlbefinden.
