Das Robert Koch-Institut (RKI) war während der Corona-Pandemie das wissenschaftliche Aushängeschild der Bundesregierung – und gleichzeitig ihr verlängerter Arm. Was als unabhängige Expertise verkauft wurde, entpuppte sich bei genauerem Hinsehen als politisch gesteuerte Fassade. Interne Protokolle, Untersuchungsausschüsse und Aussagen von Insidern offenbaren: Das RKI war nicht nur beratend tätig, sondern wurde gezielt instrumentalisiert.
Eine Analyse von Guido Grandt
Während der Corona-Pandemie spielte das Robert Koch-Institut (RKI) eine zentrale und entscheidende Rolle in Deutschland. Es fungierte als die wichtigste wissenschaftliche Einrichtung und das Kompetenzzentrum der Bundesregierung für Infektionskrankheiten und den Gesundheitsschutz.
Die Hauptaufgaben und Rollen des RKI umfassten:
- Epidemiologische Überwachung und Datenanalyse: Das RKI sammelte, bewertete und veröffentlichte kontinuierlich Daten zur Verbreitung des Virus (Fallzahlen, Inzidenzen, Todesfälle, R-Wert), um ein umfassendes Lagebild zu erstellen.
- Risikobewertung: Es führte regelmäßige Risikobewertungen für die Bevölkerung und das Gesundheitssystem durch und passte diese an die dynamische Entwicklung der Pandemie an.
- Wissenschaftliche Empfehlungen und Leitlinien: Das Institut erarbeitete und veröffentlichte wissenschaftlich fundierte Empfehlungen und Handlungshilfen für Gesundheitsämter, medizinisches Personal und die breite Öffentlichkeit, unter anderem zu Hygiene, Teststrategien, Quarantäne und Impfungen.
- Beratung der Politik: Es beriet die Bundesregierung sowie die Landesbehörden wissenschaftlich bei der Entwicklung und Anpassung von Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung.
- Forschung: Das RKI betrieb eigene Forschung zum Virus (Virologie), zu Übertragungswegen, Diagnostika und zur Wirksamkeit von Impfstoffen und Maßnahmen.
- Kommunikation: Es informierte die Öffentlichkeit und Fachkreise täglich über die aktuelle Lage, neue Erkenntnisse und Empfehlungen durch Pressemitteilungen, Lageberichte und Pressekonferenzen.
Letztlich war das RKI die wissenschaftliche Informations- und Beratungszentrale Deutschlands im Kampf gegen die Corona-Pandemie, deren Daten und Empfehlungen maßgeblich die politischen Entscheidungen beeinflussten. So der erste Eindruck.
Doch hinter der Fassade scheinbar „wissenschaftlicher Unabhängigkeit“ verbarg sich ein Institut, das gezielt von der Politik gelenkt und instrumentalisiert wurde.
Die RKI-Illusion – wie Spahn und Lauterbach „Unabhängigkeit“ inszenierten
Immer wieder wurde während – und auch nach der Corona-Pandemie – kolportiert, dass das RKI „wissenschaftlich unabhängig“ sei.
Der damalige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (14. März 2018 bis 8. Dezember 2021) sah die „wissenschaftliche Unabhängigkeit“ des RKI als Behörde des Bundes sogar „als gewährleistet.“
Karl Lauterbach, sein Nachfolger im Amt (8. Dezember 2021 bis 6. Mai 2025), blies ins selbe Horn: „Das RKI ist in seiner fachlichen Bewertung von Krankheiten absolut unabhängig.“
Die Irreführung um die behauptete Unabhängigkeit des RKI – ein Faktencheck
Die Realität sah und sieht allerdings anders aus, wie die sogenannten „RKI-Files“, also die RKI-Protokolle belegen (Hervorhebungen durch mich):
In einem Eintrag vom 1. März 2021 hieß es beispielsweise: „Das RKI kann Aufträge und Anfragen des BMGs (Bundesgesundheitsministerium/d.A.) nur im geringen Maße ablehnen.“
Aus der Sitzung vom 10. September 2021 wurde notiert: „Am Donnerstag erfolgte vor Veröffentlichung der Aktualisierung des Kontaktnachverfolgungsmanagement-Papiers eine ministerielle Weisung zur Ergänzung. Diese beinhaltete die Berücksichtigung der AG-Tests für die Freitestung auch schon nach fünf Tagen (…) Der neue Passus sorgte für Irritation auf Seiten der Länder.“
Und weiter: „Eine derartige Einflussnahme seitens des BMG in RKI-Dokumente ist ungewöhnlich. Die Weisungsbefugnis des Ministers bei technischen Dokumenten des RKI wird derzeit von L1 rechtlich geprüft. Aktuelle Einschätzung der RKI-Leitung ist, dass die Empfehlungen durch das RKI in der Rolle einer Bundesbehörde ausgesprochen werden, und einer ministeriellen Weisung zur Ergänzung dieser Empfehlung nachgekommen werden muss, da das BMG die Fachaufsicht über das RKI hat und sich als Institut nicht auf Freiheit der Wissenschaft berufen kann. Die wissenschaftliche Unabhängigkeit des RKI von der Politik ist insofern eingeschränkt.“
Da stand es also schwarz auf weiß: Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) führt die Fachaufsicht über das RKI – und damit ist es mit der behaupteten wissenschaftlichen Unabhängigkeit nicht weit her.
Statt autonomer Forschung folgt(e) das RKI offenkundig den politischen Vorgaben. Direkt nach der Pfeife des Ministeriums, nicht der Wissenschaft.
Die Wissenschaft im Würgegriff der Politik – Fall Wieler zeigt das ganze Ausmaß der Manipulation
Der oft bemühte Zirkelschluss, die Politik habe lediglich auf „wissenschaftliche Empfehlungen“ reagiert, zerbricht an der Realität – und offenbart sich als glatte Verdrehung. Denn in Wahrheit lief es genau andersherum: Die Politik diktierte, die Wissenschaft exekutierte.
Ein besonders krasser Beleg dafür wurde im September 2023 im Corona-Untersuchungsausschuss des Landes Brandenburg deutlich. Dort musste Ex-RKI-Präsident Lothar Wieler aussagen – allerdings nur unter strikter Aufsicht.
Das Bundesgesundheitsministerium hatte ihm eine sogenannte „Aussagegenehmigung“ erteilt, die nicht einmal öffentlich verlesen werden durfte. Darin war bis ins Detail geregelt, was Wieler sagen durfte und was nicht.
Die strikten Maßnahmen sahen unter anderem vor: Er durfte keine Akten mitbringen und durfte sich nur zu Sachverhalten äußern, die explizit Brandenburg betrafen. Alles andere war tabu.
Kurzum: Was die Öffentlichkeit nicht wissen durfte – durfte auch im Untersuchungsausschuss nicht gesagt werden.
Transparenz? Ein Hohn! – Wie Wielers Aussagen unter Aufsicht und Zensur gestellt wurden
Ein weiterer brisanter Aspekt der Aussagegenehmigung für Ex-RKI-Chef Wieler: Zahlreiche Informationen waren von der Bundesregierung als „geheim“ eingestuft worden. Und das mit einer Begründung, die aufhorchen ließ: Sie dienten angeblich dem „Schutz der Bundesrepublik“ und der „Abwendung von Schaden für die Sicherheit Deutschlands oder seiner internationalen Beziehungen zu Fremdstaaten“.
Diese Inhalte durften nur in „nicht-öffentlichen“ Sitzungen unter strengen Geheimschutzbedingungen behandelt werden. War dies nicht möglich, durfte sich Wieler zu diesen Punkten schlichtweg gar nicht äußern.
Besonders pikant: Bei Unsicherheiten, was er sagen durfte und was nicht, sollte Wieler laut Protokoll kurzerhand mit dem Bundesgesundheitsministerium oder gleich mit der Bundesregierung telefonieren!
Ex-RKI-Chef Lothar Wieler wurde während seiner Aussage im Corona-Untersuchungsausschuss offenbar nicht einmal allein gelassen – im wahrsten Sinne des Wortes. Vielmehr stellte ihm das Bundesgesundheitsministerium mit Heiko Rottmann-Großner einen regelrechten Aufpasser zur Seite, der während der Vernehmung durch Zettel und Handzeichen auf Wieler einwirkte.
Der Vorgang war so auffällig, dass der Ausschussvorsitzende schließlich eingreifen musste und Rottmann-Großner aufforderte, sich wegzusetzen.
Aber auch ohne Zeugenbeeinflussung berief sich Wieler immer wieder auf „Erinnerungslücken“ und betonte, dass das RKI unter seiner Leitung lediglich „beratend“ tätig gewesen sei.
Die „Empfehlungen“ des RKI dürfte man nicht als bindend für Politik und Justiz ansehen, und für Impfnebenwirkungen sei ohnehin die Ständige Impfkommission und das Paul-Ehrlich-Institut zuständig.
RKI-Chef: Gesteuert und gemaßregelt
Der RKI-Chef als Zeuge, der sich nur unter Aufsicht äußern darf, Aussagen, die vorher zensiert und beschränkt wurden, „geheime“ Inhalte, über die nicht einmal unter Ausschluss der Öffentlichkeit frei gesprochen werden darf – das alles offenbart ein erschreckendes Bild.
Statt unabhängiger Aufarbeitung sahen wir eine Inszenierung mit Maulkorb. Wer hier trotzdem noch von Transparenz und Wissenschaft spricht, verspottet die Demokratie.
Übrigens: Mitte Juli 2024 verriet ein anonym bleiben wollender „RKI-Insider“ dem System-Medium Zeit, dass es sehr wohl „Versuche der Einflussnahme aus dem Bundesgesundheitsministerium“ gegeben habe.
Vor allem auf der sogenannten Arbeitsebene, also den Mitarbeitern unterhalb der Institutsleitung. Der Druck auf sie sei teilweise „heftig“ gewesen.
„Maskenspiel der Macht“ – Das RKI als Bühne politischer Regie
Was bleibt, ist ein bitterer Nachgeschmack: Das RKI, das wissenschaftliche Unabhängigkeit nur vorgibt. Eine Politik, die auf Transparenz pocht, aber Zensur betreibt. Und eine Bevölkerung, die im guten Glauben handelte – die jedoch nicht erfahren sollte, wie viel politische Regie hinter den angeblich objektiven Empfehlungen stand.
Wer die Corona-Politik wirklich verstehen will, muss das RKI als das begreifen, was es war: nicht der „Mahner der Wissenschaft“, sondern der „Vollstrecker der Bundesregierung.“
Guido Grandt (geb. 1963) ist investigativer Journalist, Publizist, TV-Redakteur und freier Produzent. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen auf Recherchen zu organisierter Kriminalität, Geheimgesellschaften sowie auf brisanten Themen aus Politik, Wirtschaft, Finanzen, Militär und Sicherheit. Darüber hinaus widmet er sich der Aufdeckung verborgener oder tabuisierter Hintergründe zeitgeschichtlicher Ereignisse. Guido Grandt veröffentlichte bisher über 40 Sachbücher und verfasste rund 6.000 Artikel. Sein kostenloser Blog: https://www.guidograndt.de/
Quellen:
- https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/wie-die-medien-an-der-pandemie-mitstrickten-und-damit-weitermachen/
- https://www.thepioneer.de/originals/others/articles/wie-die-politik-das-rki-beeinflusste
- „RKI-Protokolle“, Seite 298, Datei für 2021
- https://www.telepolis.de/features/RKI-Protokolle-Ein-Weckruf-fuer-Medien-9817098.html?wt_mc=nl.red.telepolis.telepolis-nl.2024-07-29.link.link
- „RKI-Protokolle“, Seite 982, Datei für 2021
- https://www.telepolis.de/features/RKI-Protokolle-Ein-Weckruf-fuer-Medien-9817098.html?wt_mc=nl.red.telepolis.telepolis-nl.2024-07-29.link.link
- https://www.nordkurier.de/politik/corona-untersuchungsausschuss-gesundheitsministerium-setzt-lothar-wieler-unter-druck-afd-cdu-heiko-rottmann-grossner-1918272
- https://www.zeit.de/gesundheit/2024-07/rki-protokolle-corona-pandemie-aufklaerung-bmg/komplettansicht
