Thailand-Kambodscha: Grenzkrieg als Vorwand für Regimewechsel?

Thailändische Panzer (C) Report24/KI

Der Grenzkonflikt zwischen Thailand und Kambodscha eskaliert. Bangkok könnte versuchen, in Phnom Penh einen Regime-Change einzuläuten. Auch die Vereinigten Staaten und China sowie Vietnam haben hinter den Kulissen ihre Finger im Spiel.

Wieder einmal führen die Nachwirkungen von Grenzziehungen aus der Kolonialzeit zu einem militärischen Konflikt. Die seit Jahrzehnten anhaltenden Grenzstreitigkeiten zwischen Kambodscha und Thailand eskalieren erneut zu militärischen Gefechten zwischen den beiden südostasiatischen Nachbarn. Ungenaue Karten und widersprüchliche Abkommen zwischen der französischen Kolonialmacht im heutigen Kambodscha und dem damaligen Königreich Siam ließen zwar im Jahr 1962 den Internationalen Gerichtshof zugunsten Phnom Penhs entscheiden, doch Bangkok erkennt diesen nicht an.

Die aktuellen Gefechte an der thailändisch-kambodschanischen Grenze sind zwar oberflächlich ein Resultat dieses territorialen Konfliktes, doch das eigentliche Problem liegt tiefer. Meldungen zufolge dürfte das thailändische Militär die derzeitige Eskalation provoziert haben, um seine angeschlagene Reputation nach einem politischen Skandal aufzupolieren. Die thailändische Regierung spricht offen von einer Kriegsgefahr, lehnt jedoch jegliche internationale Vermittlung ab.

Die offizielle Linie Bangkoks lautet, dass es sich hierbei um eine Selbstverteidigung gegen eine angebliche kambodschanische Aggression handle. Doch je länger die Kämpfe andauern, desto mehr wächst die Gefahr, dass sich die Ziele verschieben. Die Dynamik eines „Mission Creep“ ist offensichtlich: Aus der Verteidigung könnte rasch der Versuch werden, Kambodscha zu “entmilitarisieren” – oder gar einen Regimewechsel in Phnom Penh herbeizuführen.

Dies liegt auch daran, dass der frühere kambodschanische Machthaber Hun Sen, dessen Sohn Hun Manet derzeit das Land regiert, als Strippenzieher im Hintergrund gilt. In Thailand selbst wird (der im Westen ebenfalls dämonisierte) Hun Sen zunehmend als Bedrohung dargestellt, was auch potenzielle Regime-Change-Bemühungen rechtfertigen würde. In Washington oder Brüssel würde man dies wahrscheinlich tolerieren, zumal die derzeitige kambodschanische Führung eng mit Peking zusammenarbeitet. Ein Thailand-freundliches und pro-westliches Marionettenregime wäre hierbei ein geopolitischer Coup, den man im Wertewesten wohl begrüßen würde.

Die Spekulationen um einen Regimewechsel werden durch die öffentliche Stimmung in Thailand unterstützt. Viele Thais sehen in der aktuellen Führung Kambodschas eine dauerhafte Gefahr für die nationale Sicherheit. Die thailändische Militärführung könnte deshalb versucht sein, die Gunst der Stunde zu nutzen, um das “Problem Kambodscha” zu lösen. Die Übermacht der thailändischen Streitkräfte ist hierbei von Vorteil und ein gezielter, direkter Vormarsch nach Phnom Penh durchaus realistisch. Allerdings müssten die thailändischen Truppen dafür über 400 Kilometer durch feindliches Terrain vorstoßen, was den kambodschanischen Truppen genügend Zeit geben würde, eine Verteidigungslinie aufzubauen.

Zwar verfügt die thailändische Armee über rund dreimal so viele Soldaten wie jene Kambodschas, und auch in Sachen Militärausrüstung und Technik sind die thailändischen Truppen deutlich moderner ausgerüstet – doch bei einem langwierigen Guerillakrieg wäre die Aussicht schwieriger. Mehr noch, da auch Vietnam (welches auch die Roten Khmer 1979 stürzte) seine eigenen Interessen im Nachbarland besitzt und keine prowestliche Regierung dort installiert sehen will. Allerdings betrachtet Hanoi ebenso die wachsende chinesische Präsenz im Nachbarland mit Argwohn.

Nach den militärischen Krisen in der Ukraine und im Nahen Osten könnte sich nun eine weitere größere Eskalation in Südostasien aufbauen. Es stellt sich nur noch die Frage, inwieweit Washington und Peking in diesen Konflikt eingreifen werden, um diesen in die jeweils gewünschte Richtung zu lenken.

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