AfD und Sperrminorität: Die große Angst vor der Macht der Ausgegrenzten

Der große, böse, blaue Wolf - hilft nur mehr das Verbot? Symbolbild: R24 / KI

In der politischen Landschaft Deutschlands geht ein Gespenst um – das Gespenst der Sperrminorität. Was sich derzeit in den Parlamenten und Hinterzimmern der Republik abspielt, gleicht einem verzweifelten Schachspiel gegen einen unsichtbaren Gegner. Die etablierten Parteien, allen voran die Ampel-Koalitionäre und die CDU, ringen händeringend um Lösungen für ein Problem, das sie selbst geschaffen haben.

Ein Kommentar von Heinz Steiner

Die AfD könnte nach den kommenden Wahlen in mehreren Parlamenten über eine Sperrminorität verfügen – also mehr als ein Drittel der Mandate. In Thüringen ist dies bereits Realität. Was das bedeutet? Bei allen Entscheidungen, die eine Zweidrittelmehrheit erfordern – von Verfassungsänderungen bis zur Wahl von Bundesverfassungsrichtern – wäre man plötzlich auf die Stimmen jener Partei angewiesen, die man bisher kategorisch ausgrenzt.

Die selbst errichtete „Brandmauer“ droht nun ihre Architekten unter sich zu begraben. Denn die bisherige Strategie des kompletten Ausschlusses funktioniert nicht mehr, wenn man die AfD für wichtige Entscheidungen braucht. Besonders pikant: Auch bei der Besetzung des Bundesverfassungsgerichts, das über mögliche Parteiverbote entscheidet, könnte die AfD (gemeinsam mit dem BSW) künftig ein gewichtiges Wort mitreden.

Die hektischen Versuche, dieser Situation durch Gesetzesänderungen oder neue Verfahrensregeln zu begegnen, offenbaren die ganze Absurdität der deutschen Parteienpolitik. Man will eine demokratisch gewählte Kraft von demokratischen Prozessen ausschließen – und ignoriert, dass genau das den demokratischen Grundprinzipien widerspricht.

Boris Palmer, der ehemalige Grünen-Politiker und jetzige Tübinger Oberbürgermeister, hat kürzlich einen Vorschlag gemacht, der Linksgrüne zum Schäumen brachte: Die CDU solle in Thüringen eine Koalition mit der AfD erwägen – wenn auch unter Ausschluss von Björn Höcke. So manchem Politiker scheint es zu dämmern, dass man die politische Realität nicht länger ignorieren kann.

Die Ironie der Geschichte: Je verzweifelter man versucht, die AfD auszugrenzen, desto stärker wird sie. Die Brandmauer hat sich als Brutkasten erwiesen, in dem die Partei ungestört wachsen konnte. Wer undemokratisch handelt, verprellt Wähler – und verliert sie an jene Kraft, die er verteufelt. Während die etablierten Kräfte sich in juristischen Winkelzügen verlieren, um die ungeliebte Konkurrenz auszubremsen, vergessen sie das Wichtigste: Politik sollte sich an der Realität orientieren, nicht an ideologischen Wunschvorstellungen.

Die kommenden Monate werden zeigen, ob die deutsche Politik den Mut zur Ehrlichkeit findet. Eines ist jedoch schon jetzt klar: Mit parlamentarischen Taschenspielertricks lässt sich das Vertrauen der Wähler nicht zurückgewinnen. Die Angst vor der Sperrminorität ist letztlich die Angst vor dem eigenen Versagen.

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