Die Natur hat der Menschheit ein faszinierendes Erbe hinterlassen: Vier Blutgruppen – A, B, AB und O – die wie ein komplexes Schicksalsrad über Gesundheitsrisiken mitentscheiden. Mehrere wissenschaftliche Studien zeigen die weitreichenden Konsequenzen dieser genetischen Vorbestimmung auf.
Je nach Blutgruppe variiert beispielsweise die Anfälligkeit für bestimmte Erreger: So zeigten Studien zum Corona-Virus, dass Menschen mit Blutgruppe O besser geschützt sind, während A-Typen das Nachsehen haben. Der wissenschaftliche Grund: Das Spike-Protein des SARS-CoV-2-Virus zeigt offenbar eine ausgeprägte Affinität zu Zellen der Blutgruppe A. „Eine molekulare Präferenz mit weitreichenden Konsequenzen“, wie Dr. Sean R. Stowell von der Harvard Medical School konstatiert. Seine Forschungsergebnisse der Studie „Blood group A enhances SARS-CoV-2 infection“ belegen: Träger der Blutgruppe A haben ein um 20 Prozent erhöhtes Infektionsrisiko gegenüber Menschen mit Blutgruppe O.
Die blutgruppenspezifischen Gesundheitsrisiken gehen aber noch weiter. Träger der Blutgruppe B müssen demnach mit einem erhöhten Risiko für Pankreaskrebs leben. AB-Typen wiederum zeigen eine gesteigerte Anfälligkeit für kognitive Beeinträchtigungen.
Das renommierte Karolinska Institut in Schweden hat in einer beeindruckenden Studie mit 5,1 Millionen Teilnehmern insgesamt 49 verschiedene Erkrankungen identifiziert, die mit bestimmten Blutgruppen korrelieren. Eine Art genetisches Roulette, das jedem Menschen ein individuelles Portfolio an Gesundheitsrisiken zuteilt. Die vermeintlichen Gewinner dieser biologischen Verlosung bleiben jedoch nicht verschont. Während A-Typen verstärkt zu Thrombosen neigen, kämpfen O-Träger häufiger mit Blutungen. Die einen zeigen sich resistenter gegen Schwangerschaftshypertonie, die anderen müssen vermehrt Nierensteine fürchten.
Diese Erkenntnisse offenbaren ein ausbalanciertes System der Natur, in dem keine Blutgruppe ausschließlich Vor- oder Nachteile genießt. Dr. Douglas Eric Guggenheim vom Abramson Cancer Center der University of Pennsylvania betont: „Die Antigene auf unseren roten Blutkörperchen sind Teil eines hochkomplexen Immunsystems, das sowohl Schutz als auch Risiken birgt.“
Beruhigend ist die Erkenntnis, dass klassische Faktoren wie Alter, Lebenswandel und bestehende Erkrankungen dennoch meist schwerer wiegen als die blutgruppenspezifischen Prädispositionen. Dennoch mahnen die Forschungsergebnisse zu einer differenzierteren Betrachtung individueller Gesundheitsrisiken.
Die Wissenschaft steht hier möglicherweise erst am Anfang weitreichender Entdeckungen. Das große Blutgruppen-Roulette könnte noch zahlreiche überraschende Zusammenhänge offenbaren. Die aktuelle Forschung deutet bereits auf weitere spannende Korrelationen hin, etwa zwischen Blutgruppen und der Anfälligkeit für bestimmte Allergien oder der Resistenz gegen Malaria.
Die Medizin der Zukunft wird diese Erkenntnisse zweifellos für individualisierte Präventions- und Behandlungsstrategien nutzen. Bis dahin bleibt die Blutgruppe ein faszinierender Indikator für die komplexen Wechselwirkungen zwischen genetischer Disposition und Gesundheit.