Er ist biologisch und genetisch männlich und darf im Boxring Frauen schlagen. Nun drückt sich Imane Khelif vor einer öffentlichen Diskussion bei der Oxford Union. Warum? Eine schonungslos offene Debatte über seine Teilnahme an Frauenwettbewerben – und eine mögliche Konfrontation mit seinen Opfern der letzten Olympischen Spiele.
In der altehrwürdigen Welt der Oxford Union, wo einst Einstein referierte und Churchill donnerte, hat sich ein interessanter Vorfall ereignet, der die Grenzen zwischen Sport, Wissenschaft und gesellschaftlicher Debatte auf spektakuläre Weise verschwimmen lässt. Der olympische Box-Champion Imane Khelif, dessen Goldmedaille in Paris 2024 für mehr Gesprächsstoff sorgte als manch diplomatischer Eklat, hat seinen mit Spannung erwarteten Auftritt im traditionsreichen Debattierclub kurzfristig abgesagt. Die offizielle Begründung – „unvorhergesehene Umstände“ – klingt dabei so überzeugend wie ein Boxhandschuh aus Watte.
Besonders pikant: Der Rückzieher erfolgte just, nachdem die ehemalige Marathon-Olympionikin Mara Yamauchi einen Brief an die Clubführung geschickt hatte. Darin forderte sie eine „rigorose Debatte“ und schlug vor, auch jene Boxerinnen einzuladen, die in Paris gegen Khelif den Kürzeren gezogen hatten. Eine Konfrontation, die spannender hätte werden können als jeder Titelkampf. Der Hintergrund dieser akademischen Ausweichmanöver ist so komplex wie brisant: Ein DNA-Test hatte 2023 ergeben, was der Internationale Boxverband längst vermutete – Khelif ist biologisch männlich.
Ein Befund, der durch Krankenhausberichte bestätigt wurde, die eine 5-Alpha-Reduktase-Mangelstörung diagnostizierten. Das IOC hingegen klammerte sich an den Papiertiger eines Passeintags, als wäre die biologische Realität so formbar wie Knetmasse. Die medizinischen Details lesen sich wie ein Lehrbuch der Entwicklungsbiologie: innere Hoden statt Gebärmutter, ein Mikropenis anstelle der erwarteten weiblichen Anatomie. Doch während die Wissenschaft klare Worte findet, versteckt sich die Sportwelt hinter bürokratischen Floskeln.
Die Oxford Union, seit 1823 ein Leuchtturm der freien Rede und intellektuellen Auseinandersetzung, hätte die perfekte Bühne für diese überfällige Debatte geboten. Stattdessen erleben wir einen akademischen Knockout durch Nichterscheinen. Wo einst Mutter Teresa über Mitgefühl und Maradona über die „Hand Gottes“ sprachen, herrscht nun betretenes Schweigen. Die Absage wirft mehr Fragen auf, als sie beantwortet. Sie zeigt exemplarisch, wie selbst renommierte Institutionen vor den brennenden Fragen unserer Zeit zurückweichen, wenn es unbequem wird. Dabei wäre gerade jetzt der Moment, Position zu beziehen – nicht mit Fäusten, sondern mit Argumenten.
Was bleibt, ist der fade Beigeschmack einer vertanen Chance. Während in den Trainingsringen dieser Welt weiter geschwitzt und gekämpft wird, bleiben die fundamentalen Fragen nach Fairness und biologischer Realität im Sport unbeantwortet. Die Oxford Union hätte Geschichte schreiben können. Stattdessen wurde sie zur Fußnote in einem Kapitel, das noch lange nicht abgeschlossen ist.