Während ein Antonio Rüdiger auf dem Spielfeld ungestraft „Allahu Akbar!“ brüllen und den Zeigefinger zu einer vor allem von Islamisten bekannten Geste hochstrecken darf, wurde der serbische Judoka Nemanja Majdov für fünf Monate gesperrt, weil er sich vor einem Olympia-Kampf bekreuzigte. Was läuft falsch im Spitzensport?
In einer umstrittenen Entscheidung hat der Serbische Judo-Verband – wohl auf Druck des Internationalen Judo-Verbands (IJF) – den serbischen Spitzensportler Nemanja Majdov für fünf Monate von allen Wettkämpfen ausgeschlossen. Der Grund für diese harte Sanktion: Majdov hatte sich vor seinem Kampf bei den Olympischen Spielen in Paris am 31. Juli bekreuzigt.
Der 27-jährige Judoka, der in seiner Gewichtsklasse weltweit auf Rang 3 steht, wurde beschuldigt, gegen den religiösen Kodex des IJF verstoßen zu haben. Laut Verband habe Majdov ein „eindeutiges religiöses Zeichen beim Betreten des Wettkampfbereichs“ gezeigt. Zusätzlich wurde ihm vorgeworfen, sich nach seiner Niederlage geweigert zu haben, sich vor seinem Gegner zu verbeugen.
Die Entscheidung des IJF stößt auf breite Kritik, insbesondere da Serbien ein überwiegend christlich geprägtes Land ist und das Bekreuzigen für viele Athleten eine gängige Praxis darstellt. Kritiker sehen in dem Urteil eine unverhältnismäßige Einschränkung der Religionsfreiheit und einen Angriff auf kulturelle Traditionen. Insbesondere auch deshalb, weil man in der Sportwelt offensichtlich kein Problem damit hat, wenn Moslem-Sportler – wie Antonio Rüdiger – auf dem Spielfeld laut „Allahu Akbar!“ ausrufen und die islamistisch konnotierte Finger-Geste machen dürfen.
Majdov selbst zeigt sich von der Strafe unbeeindruckt und weigert sich, sich für seine Glaubensbekundung zu entschuldigen. In einem Statement erklärte er: „Der Herr hat mir alles gegeben… er ist die Nummer 1 für mich, und ich bin stolz darauf.“ Diese Haltung unterstreicht die tiefe Verwurzelung seines Glaubens, die nun mit seiner sportlichen Karriere in Konflikt gerät.
Der IJF beruft sich auf seine Richtlinien, die jegliche Form von Diskriminierung oder Provokation untersagen und eine strikte Neutralität im Wettkampfbereich fordern. Allerdings wirft die selektive Anwendung dieser Regeln Fragen auf, da ähnliche Gesten anderer Athleten oft ungeahndet bleiben. Die Sperre, die bis Anfang 2025 andauert, verhindert Majdovs Teilnahme an allen Turnieren, Trainingslagern und Vorbereitungen. Dies könnte erhebliche Auswirkungen auf seine sportliche Laufbahn haben, insbesondere im Hinblick auf zukünftige internationale Wettbewerbe.
Dieser Fall entfacht mittlerweile eine breite Debatte über die Grenzen zwischen persönlicher Glaubensausübung und den Neutralitätsanforderungen im Spitzensport. Er wirft zudem die Frage auf, inwieweit Sportverbände das Recht haben, in die individuellen Überzeugungen und kulturellen Praktiken ihrer Athleten einzugreifen.
Während der IJF seine Entscheidung mit dem Verweis auf frühere Verwarnungen gegen Majdov in den Jahren 2018 und 2022 rechtfertigt, bleibt die Verhältnismäßigkeit der Strafe weiterhin umstritten. Kritiker fordern eine Überprüfung der Regeln und eine ausgewogenere Herangehensweise, die sowohl die Neutralität des Sports als auch die persönlichen Freiheiten der Athleten respektiert.