Was von der Studienkommission Sicherheitspolitik bei der Pressekonferenz „Empfehlungen für eine zukunftsgerichtete Sicherheitspolitik“ am 29. August 2024 geäußert wurde, ist eine Bombe. Völlig offen wird ausgesprochen, dass die Schweiz bereits einen hybriden Krieg führt und sich das Land in einer Vorkriegsphase befindet. Gemessen daran, dass die Schweiz als neutrales Land gilt, dürfte das für viele überraschend kommen.
Ein Jahr lang hat die Schweiz die Studienkommission Sicherheitspolitik arbeiten lassen, um die Situation zu beurteilen und Empfehlungen abzugeben. Ein Bericht mit über 100 Empfehlungen war die Folge – dieser wurde am vergangenen Donnerstag vorgestellt.
Die Kommission wurde vom Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport VBS eingesetzt (siehe Link), ist also ein offizielles Organ der Regierung. „Die Kommission war breit zusammengesetzt mit Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltung, Kantonen, verschiedenen Generationen und Landesteilen.„, heißt es auf der Internetseite.
Sehen Sie die Passage selbst (Minute 27:25).
Es gibt eine Reihe von weiteren sicherheitspolitischen Instrumenten, die ich jetzt zum Schluss noch vorstelle, die an verschiedenen Orten vorgekommen sind und die sich vor allem auch deshalb als wichtig gezeigt haben, weil sich die Schweiz, gemäß Aussage des Chefs des Nachrichtendienstes, schon in einem hybriden Krieg befindet. Das ist unser Alltag. Und, dass zahlreiche Experten, da waren wir sicher nicht die einzigen, die dieser Meinung sind, aber das ist für viele klar, wir befinden uns in einer Vorkriegsphase.
Berichtsverfasserin Katja Gentinetta
Die Dame, welche diese Sätze vorträgt, ist übrigens keine Militär- oder Sicherheitsexpertin, sondern Fernsehmoderatorin, politische Philosophin und Autorin. Katja Gentinetta war in verschiedenen Thinktanks aktiv, schreibt in der NZZ am Sonntag und lehrt an den Universitäten Zürich, Luzern und St. Gallen. Sie gilt als Vertreterin „Liberal-Konservativer“ Ideen. Sie ist Mitglied des Internationalen Beirats des European Forum Alpbach.
Zu den Ratschlägen der Kommission zählt übrigens – wie im Rest Europas – massive Zensur, welche als „Bekämpfung von Desinformation und Beeinflussung“ tituliert wird. Das Verteidigungsbudget der Schweiz möge auf 1 % erhöht werden. Zivilschutz und Zivildienst sollen zusammengelegt werden, die Ausrichtung des Bevölkerungsschutzes „auf die verschärfte Sicherheitslage und seine Aufgabe im Kriegsfall“ stattfinden. Die Rüstungsindustrie möge gestärkt werden und man solle intensiv mit NATO und EU zusammenarbeiten. Eine Mehrheit würde zudem das Wiederausfuhrverbot für Kriegsgüter aufheben wollen.
Die Neutralitätspolitik soll revidiert, stärker auf ihre sicherheitspolitische Funktion ausgerichtet und flexibler gehandhabt werden. Eine Mehrheit der Kommission empfiehlt zudem, die Neutralitätspolitik stärker auf die UN-Charta auszurichten sowie die Unterscheidung von Aggressor und Opfer stärker zu berücksichtigen. Eine große Mehrheit spricht sich außerdem für eine grundsätzliche Revision des Kriegsmaterialgesetzes aus, um dieser Weiterentwicklung der Neutralitätspolitik folgen zu können.
Zitat Bericht der Studienkommission Sicherheitspolitik
Im Grunde genommen empfiehlt diese Kommission das Ende der Neutralitätspolitik der Schweiz und eine viel aktivere Rolle in einem Krieg, in den man sich bereits als verwickelt empfindet.