„One means none“ – „Einer heißt keiner“: Unter diesem Motto protestieren europäische Piloten gegen die Pläne von Airlines und Flugzeugherstellern, Flugzeuge nur mehr mit einem einzigen Piloten im Cockpit zu besetzen. Die Piloten warnen die Menschen, kein Flugzeug zu betreten, in dem dieses Konzept umgesetzt wird: Mit nur einem Piloten zu fliegen, sei genauso wie ganz ohne Pilot zu fliegen.
Fälle von plötzlicher Handlungsunfähigkeit bei Piloten (pilot incapacitation) sorgen in der Öffentlichkeit seit mehreren Jahren für wachsende Besorgnis. Im Zuge der Corona-Impfpflicht, die viele Airlines trotz der mitunter gefährlichen Nebenwirkungen der Vakzine für ihre Piloten verhängten, gewann das Thema an Brisanz. Piloten wird viel abverlangt: Sie müssen körperlich und kognitiv fit sein, um die Sicherheit von Passagieren und Crew gewährleisten zu können. Zahlreiche Berichte von plötzlichen medizinischen Notfällen im Cockpit belegen, wie wichtig die Anwesenheit eines zweiten Piloten ist, der sofort reagieren und die Maschine im Zweifelsfall bei der nächsten Gelegenheit sicher landen kann.
Das hindert aber weder Flugzeughersteller wie Airbus und Dassault noch die European Aviation Safety Agency (EASA) daran, mit der Idee von nur einem Piloten im Cockpit zu liebäugeln. Der erste Vorstoß in diese Richtung sind sogenannte Reduced Crew Operations oder Extended Minimum Crew Operations, bei denen der zweite Pilot quasi nur bei Start- und Landemanövern im Cockpit sein soll. Das solle zu besser erholten Piloten führen (die sich dann mutmaßlich besser verheizen lassen sollen).
Dass man das Wohl von Piloten im Sinn hat, darf natürlich durchaus bezweifelt werden: Es drängt sich der Verdacht einer schrittweisen Abschaffung des Co-Piloten hin zu Single Pilot Operations auf. Natürlich weiß man, dass Flugreisende sich für derartige Konzepte mehrheitlich nicht erwärmen können, doch auch Piloten gehen auf die Barrikaden. Mit der Kampagne „One means none“ klärt die European Cockpit Association darüber auf, warum ein zweiter Pilot zu jeder Zeit mit im Cockpit sein sollte:
Flugzeuge, insbesondere große Verkehrsflugzeuge, erfordern zum sicheren Fliegen mehrere Piloten. Flugsicherheit beruht darauf, dass ein Team von Piloten Aufgaben teilt und zusammenarbeitet. Zu ihren Aufgaben gehören das Fliegen des Flugzeugs, die Überwachung des Fluges, die Verwaltung der Automatisierung und die Bewältigung etwaiger Risiken in einer komplexen und sich verändernden Umgebung. Wenn ein Pilot handlungsunfähig wird oder sich unwohl fühlt, wäre niemand sonst im Cockpit, der schnell die Kontrolle übernehmen könnte. Reduced Crew Operations (RCO) sind ein Risiko für Ihre Sicherheit.
Warum will man trotzdem ein funktionierendes System verändern? Die Antwort kann man sich denken: Es geht um wirtschaftliche Interessen. Die ECA schreibt:
Fluggesellschaften und Flugzeughersteller wie Airbus und Dassault hoffen, mehr Flugzeuge als ihre Konkurrenten verkaufen zu können. Insbesondere drängen Fluggesellschaften darauf, Piloten durch Automatisierung zu ersetzen, um die Personalkosten zu senken und möglicherweise ihre Gewinne zu steigern. Dies dient zwar ihrem kommerziellen Interesse, wird die Flüge für die Passagiere jedoch nicht billiger machen.
Der Automatisierung kann man vertrauen, muss man aber nicht. Das Vertrauen der Piloten der ECA hält sich offensichtlich in Grenzen: Sie weisen darauf hin, dass nur ein zweiter menschlicher Pilot, der konstant anwesend war, im Notfall richtig auf die Situation und die individuellen Umstände reagieren kann.
Stellen Sie sich nun ein Szenario vor, in dem der fliegende Pilot plötzlich handlungsunfähig wird. Der überwachende Pilot muss schnell die Kontrolle über das Flugzeug übernehmen. Dies wird durch einen gemeinsamen Betriebsablauf ermöglicht, der sicherstellt, dass sich beide Piloten nahtlos an die komplexe und dynamische Umgebung anpassen können. Automatisierte Lösungen versprechen zwar Effizienz, können aber nicht den Sicherheitsspielraum ersetzen, der durch die Anwesenheit eines zweiten, ausgeruhten, qualifizierten und gut ausgebildeten Piloten im Cockpit entsteht.
Es bleibt zu hoffen, dass die EU-Flugsicherheitsbehörde diesen Angriff auf die Flugsicherheit nicht absegnet. Dass Behörden sich lieber nach wirtschaftlichen Interessen richten, statt nach dem, was für Länder und Bevölkerung am besten wäre, ist aber alles andere als unüblich. Ein Schelm, wer an dieser Stelle an die EMA denkt …