Eigentore gibt es nicht nur im Fußball, auch in der Politik sind sie an der Tagesordnung. Das unwürdige Schauspiel rund um den grünen Alleingang Gewesslers bei der Zustimmung zum EU-Renaturierungsgesetz entlarvt dabei nicht nur die ÖVP, sondern auch die Grünen. Die Gazette Österreich demontierte die gesammelten Eigentore aller Beteiligten am Sonntag in einem gepfefferten Kommentar.
Ein Kommentar – zuerst erschienen auf Gazette Österreich am
Die Eigentore der Woche: (Sehr selektive) Zusammenfassung des Geschehens ohne Höflichkeiten
Geschätzte Damen und Herren, gleich zu Beginn sehen wir uns gezwungen, den freudigen Hoffnungsschimmer, es ginge um Fußball, zu zerstören. Leider geht es wieder – so wie jeden Sonntag – um die weniger erfreulichen Ereignisse der österreichischen Politik.
Die Zeit ist knapp, deswegen ohne Umschweife ins Thema: Die Eigentore. Die beiden Regierungsparteien und die SPÖ liefern sich gerade ein seltsames Match, wer denn wohl die meisten Eigentore versenkt. Obgleich man mit dieser Beschreibung zumindest der SPÖ etwas unrecht tut. Sie startet mit einem Chef ins Rennen, der sich als Eigentorschützenkönig einen großen, wenn auch nicht mit Bewunderung gesegneten Namen gemacht hat. Kaum ein thematisches Fettnäpfchen, in das sich der Traiskirchner Bürgermeister nicht mit Wonne hineinstürzt, um sich dann wohlig darin zu räkeln…
Es geht die Meinung um, daß die beiden Regierungsparteien den Streit um die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verfassungswidrigen Zustimmung der Klimaministerin Gewessler, zu ihrem Nutzen so ausleben, wie sie es tun. Und es wird höchstwahrscheinlich wirklich deren Absicht sein, auf der Basis dieses Konflikts zwischen den „Koalitionspartnern“ das eigene Profil zu schärfen und die eigenen Stammwähler zu mobilisieren. Die Grünen haben dabei einen sichtbaren Vorteil für sich verbuchen können: Sie konnten ihr ideologisiertes, jegliche Realität ablehnendes Klientel mit dem Alleingang der Klimaministerin bedienen. Klarer Nachteil für die ÖVP, die sich als parteipolitische Schutzmacht der Landwirtschaft darstellt und hier völlig versagte.
Die Eigentore der ÖVP
Die Eigentore der ÖVP sind somit jetzt schon sichtbar geworden. Und sie werden in den nächsten Tagen und Wochen noch viel sichtbarer. Schließlich hatte der Bundeskanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer nicht eine, sondern unzählige Möglichkeiten, den Alleingang von Gewessler zu stoppen. Tat er es aus Unwissenheit nicht, ist er völlig ungeeignet für den von ihm besetzten Kanzlersessel. Unterließ er die Notbremsung der außer Kontrolle geratenen Leonore Gewessler aus parteipolitischem Kalkül, würde dies den wohl grauslichsten Verrat an den eigenen Wählern und den österreichischen Bürgern darstellen.
Doch damit nicht genug: Nachdem der ÖVP-Kanzler samt ÖVP-Landwirtschaftsminister und sämtliche fachlich zuständigen Bundesländer von der grünen Gewessler so vorgeführt wurden, sieht der Regierungschef noch immer keinen Grund, die Klimaministerin vom Bundespräsidenten entlassen zu lassen, geschweige denn die Koalition aufzukündigen. Und seine Erklärung ist so … merkwürdig, so dubios, so unbeschreiblich blöd, daß dem geneigten Beobachter die Worte fehlen. Allen Ernstes meint dieser Bundeskanzler, daß er die gemeinsame Regierung mit den Grünen (bis zum bitteren Ende) aufrecht erhalten will, ja muß, weil er das Land nicht im Chaos versenken wolle. Hier muß nun die ernsthafte Frage erlaubt sein: Was soll denn das von ihm befürchtete Chaos sein, wenn es das offensichtlich verfassungswidrige Verhalten eines Regierungsmitglieds nicht ist. Und auch die Antwort auf diese berechtigte Frage wurde mitgeliefert: Das „freie Spiel der Kräfte“ im Parlament würde seines Erachtens zu Milliarden teuren „Wahlzuckerln“ führen.
Diese plötzliche Sorge um das hart erarbeitete Steuergeld der Bürger macht dann nach all den von dieser Regierung, dieser Koalition verursachten Wahnsinnigkeiten in der Höhe von zig Milliarden Euros doch etwas perplex. Und man fühlt sich „gefrotzelt“. So liegen die Eigentore der ÖVP unter der Führung des an Unbeliebtheit kaum zu überbietenden Bundeskanzlers so klar auf der Hand… Man vermag sie nicht mehr zu zählen. Babler-Niveau!
Die (noch versteckten?) Eigentore der Grünen
Schlauer haben es die Grünen gemacht. Sie haben ihre Eigentore versteckt. Aber sie halten scheinbar auch den Rest des Landes für besonders dämlich und vertrauen darauf, daß niemand genauer hinschaut bei ihrem Treiben. Daß Gewesslers „Ja“ zum EU-Renaturierungsgesetz eine plötzliche, von Anstand, Verantwortungsbewußtsein und Gewissen getragene Eingebung war, können die Damen und Herr*innen der chlorophyllbolschewistischen Fraktion doch bittschön der Frau Brause erzählen. Die ganze Sache war von langer Hand vorbereitet und man hatte offensichtlich zu keinem Zeitpunkt die Absicht, die österreichischen Verfassung, die hier das Einbeziehen der zuständigen Bundesländer fordert, zu achten und sich im Rahmen der Gesetze zu bewegen.
Schon die Tatsache, daß sich Gewessler von externen „Experten“ Rechtsgutachten erstellen ließ, die ihr die Berechtigung für ihren Alleingang attestierten, sollte stutzig machen. Denn für solche Fragen gibt es den fachlich kompetenten Verfassungsdienst, der in strittiger Materie für die Ministerien gangbare Wege, aber auch absolute No Go-Situationen zeigt. Hier erinnert das Verhalten der Ministerin ein klein wenig an einen Gauner, der sich noch vor der Ausführung des Verbrechens ein Alibi für die Tatzeit organisiert. – Ein grenzwertiger, aber nicht gänzlich von der Hand zu weisender Vergleich.
Und eine weitere Vorbereitung war mit Sicherheit die mehr als seltsame Umfrage von Greenpeace, deren Ergebnis just zu dem Zeitpunkt mit Nachdruck in die Öffentlichkeit gespielt wurde, als die Klimaministerin ihren Alleingang ankündigte. Das Ergebnis der Umfrage soll eine Zustimmung von 82% zum Renaturierungsgesetz bescheinigen. Die Fragestellung dieser Umfrage wäre sicherlich interessant. Vielleicht sowas wie „Sind Sie für Natur- und Klimaschutz?“ Das könnte das Ergebnis erklären. Hätte man nur nach Naturschutz gefragt, wären es wahrscheinlich 100%. Aber der Begriff Klimaschutz läßt bei vielen Zeitgenossen die Adern an den Schläfen pochen.
All diese Kleinigkeiten werden wohl oder übel in den nächsten Wochen an die Öffentlichkeit kommen und stellen zumindest die moralischen Eigentore der Grünen dar. In diesem Zusammenhang wäre es wohl lustig, wenn die Grünen auch dieses Jahr wieder mit Begriffen wie „Anstand“, „Gewissen“ und „Moral“ in den Wahlkampf gingen. Da die Damen und Herr*innen der Grünen jedoch augenscheinlich gänzlich unfähig zu jeglicher Reflexion sind, ist dies zu befürchten.