Der philippinische Präsident, Ferdinand „Bongbong“ Marcos Jr., will sich offensichtlich mit China anlegen. Soll nun für die Vereinigten Staaten bis zum letzten Filipino gegen das Reich der Mitte gekämpft werden? Doch Waffenlieferungen wie für die Ukraine wird es kaum geben, denn die Waffen- und Munitionslager der Amerikaner sind geleert.
Ein Kommentar von Heinz Steiner
Während der doch eher polterhaft agierende Rodrigo Rua Duterte während seiner Amtszeit noch einigermaßen einen Ausgleich mit den Großmächten USA und China suchte, stellt sich dessen Nachfolger, Ferdinand „Bongbong“ Marcos Jr., recht deutlich auf die Seite Washingtons. Im Disput um die Ansprüche im Südchinesischen Meer (in den Philippinen „Westphilipinische See“ genannt) geht es mittlerweile wieder etwas rauer zur Sache. Immer wieder kommt es in dem von mehreren Anrainerstaaten beanspruchten Gebiet zu gewaltsamen Auseinandersetzungen. Marcos hofft dabei auf die Unterstützung der Amerikaner, die – obwohl sie das UN-Seerechtsabkommen UNCLOS nicht ratifizierten – Peking weiterhin dazu auffordern, sich an den Schiedsgerichtsspruch zu den Territorialansprüchen der Länder dort zu halten.
„Ich denke, [US-Verteidigungs-] Minister [Lloyd] Austin hat es sehr gut erklärt, dass, wenn ein Soldat, ein philippinischer Soldat, von einem Angriff einer ausländischen Macht getötet wird, dann ist es Zeit, den gegenseitigen Verteidigungsvertrag in Anspruch zu nehmen“, sagte Marcos beim 50. Jahrestag des Präsidentenforums des Auslandspressevereins der Philippinen. „Solange sie tatsächlich Opfer verursacht haben und den Soldaten getötet haben… Egal, wie sie bezeichnet werden, ob sie Kaufleute, Marinesoldaten oder Küstenwache oder tatsächlich graue Schiffe oder Marineeinheiten sind, spielt keine Rolle. Das ist ein Angriff auf die Philippinen durch eine ausländische Macht“, fügte er hinzu.
Das Problem dabei: Sollten die Philippinen (unter Anleitung Washingtons) in einen militärischen Konflikt mit China gezogen werden, könnte dies zu einem südostasiatischen Ukraine-Szenario avancieren. Nur mit einem großen Unterschied: Im Gegensatz zur Ukraine, welche schon zuvor über ein relativ gut ausgerüstetes Militär verfügte, ist die philippinische Armee vor allem zur Bekämpfung inländischer Aufständischer (wie die kommunistische Terrorgruppe NPA und diverse Moslem-Milizen) ausgerichtet. Eine nennenswerte Marine existiert genauso wenig wie eine funktionierende Luftwaffe oder überhaupt eine ausreichende Luftraumverteidigung. Im Falle einer Eskalation würden die Chinesen wahrscheinlich mehrere philippinische Kriegsschiffe versenken und bei einem Eingreifen auch die US-Militärbasen im Land einebnen. Nach wenigen Tagen müssten die Philippinen dann wohl kapitulieren und Washington hätte einen wichtigen strategischen Stützpunkt in der Region verloren.
Angesichts dessen, dass derzeit die Spannungen im Nahen Osten (Iran und Israel) eskalieren und die US-Marine dort auch gebunden ist, fehlt es den Amerikanern auch an militärischen Kapazitäten in der Region. Peking hat die Marine der Volksbefreiungsarmee relativ konzentriert in den eigenen Gewässern versammelt, sodass die vor Ort befindlichen US-Streitkräfte nicht einmal mit Unterstützung Japans, Südkoreas, Australiens und Neuseelands (viel mehr ist dort an richtigen Verbündeten auch nicht vorhanden) etwas ausrichten könnten. Einen offenen Krieg zu riskieren und – ähnlich wie im Fall der Ukraine gegen Russland – für die Amerikaner bis zum letzten Filipino gegen China zu kämpfen, scheint jedenfalls keine gute Idee zu sein.
Sollte sich Marcos als philippinischer Selenskyj inszenieren wollen, hat er jedenfalls einen denkbar schlechten Zeitpunkt ausgewählt. Die Amerikaner werden nicht in der Lage sein, dem Land militärisch effektiv beiseitezustehen. Von Waffen- und Munitionslieferungen ganz zu schweigen, zumal die US-Bestände dank des Ukraine-Krieges ziemlich geleert worden sind. Und Geld gibt es schon gar nicht. Wozu also einen bewaffneten Konflikt oder gar einen Krieg riskieren, der gar nicht gewonnen werden kann?