“100 % Ukraine oder Frieden?” – unlösbarer Knoten in Mainstream-Gehirnen

Symbolbild: Linke bekommen beim Ukraine-Thema einen Knoten im Gehirn. (C) Report24 / Grok KI

In der ORF Zeit im Bild 2 vom 24. Jänner, hat der EU-Experte Stefan Lehne mit einer bemerkenswert polarisierenden Aussage für Aufsehen gesorgt: “Entweder, 100 % Solidarität mit der Ukraine… oder diesen Krieg lieber heute als morgen beenden wollen!” Eine Formulierung, die nicht nur irritiert, sondern auch eine bedenkliche Einteilung in Gut und Böse suggeriert.

Ein Kommentar von Lothar Renz

Eine absurde Wahl: Solidarität oder Frieden?

Normalerweise würde man eine solche Aussage (bei Minute 13:29) als rhetorischen Fehltritt abtun, doch Lehne verstärkte seine These bewusst, indem er vorab im Interview vor “Rechtspopulisten” in diesem Zusammenhang warnte. Dies legt nahe, dass er die Forderung nach einem Friedensschluss bereits in eine ideologisch vorbelastete Ecke stellt. Doch was bedeutet seine Aussage konkret?

Wenn es “100 % Ukraine” braucht, um nicht als Friedensbefürworter (und damit möglicherweise als “Rechtspopulist”) abgestempelt zu werden, dann scheint dies eine klare Definition des Kriegsziels zu implizieren: Krieg bis zum bitteren Ende, bis zur vollständigen militärischen Zurückeroberung aller Gebiete, die die Ukraine verloren hat – einschließlich der Krim.

Doch wenn das die Voraussetzung für “100 % Solidarität” ist, dann stellt sich die Frage: Bedeutet das im Umkehrschluss, dass jeder Versuch einer diplomatischen Lösung als Schwäche oder gar als Verrat gewertet wird? Und falls ja: Wäre das nicht eine brandgefährliche Haltung für Europa und die Welt?

Historische Parallelen: Schwarz-Weiß-Denken als gefährliche Strategie

Lehnes Aussage erinnert an das berüchtigte Motto “Wer nicht für uns ist, ist gegen uns”, das von Politikern in Zeiten großer ideologischer Spannungen verwendet wurde. Ein klassisches Beispiel ist die Doktrin von George W. Bush nach den Anschlägen des 11. September 2001: “You’re either with us, or with the terrorists.”

Diese Art der Rhetorik diente dazu, jede Form von Differenzierung oder kritischer Debatte zu ersticken – mit katastrophalen Folgen, wie die Kriege im Irak und in Afghanistan gezeigt haben. Dass eine solche Mentalität nun in der Ukraine-Frage aufkommt, ist beunruhigend. Denn die geopolitische Realität ist komplex, und es gibt viele legitime Stimmen, die sich für Verhandlungen oder eine diplomatische Lösung aussprechen – darunter keineswegs nur “Rechtspopulisten”.

Krieg als moralische Pflicht?

Lehnes Formulierung wirft eine moralisch fragwürdige Frage auf: Ist Krieg tatsächlich die einzige legitime Option? Und ist eine Eskalation um jeden Preis wirklich im besten Interesse der Ukraine selbst?
Natürlich ist Solidarität mit der Ukraine richtig und notwendig – aber sie sollte sich nicht in Waffenlieferungen und Kriegsrhetorik manifestieren. Vielmehr braucht es eine Debatte darüber, was “Solidarität” überhaupt bedeutet: Geht es um die diplomatische Stärkung der Ukraine als Staat und Gesellschaft, oder um eine reine Fixierung auf den militärischen Sieg?

Der falsche Gegensatz: Krieg vs. Frieden

Lehnes These konstruiert eine künstliche Dichotomie, die so nicht existiert. Es ist möglich, die Ukraine zu unterstützen, ohne sich gleichzeitig einer kompromisslosen Kriegslogik zu verschreiben. Wer für eine diplomatische Lösung eintritt, ist nicht automatisch ein Gegner der Ukraine, sondern könnte gerade an einer langfristig tragfähigen Lösung interessiert sein.

Frieden ist kein schmutziges Wort – und sollte nicht als Synonym für Kapitulation missbraucht werden. Eine rationale Debatte über den weiteren Kurs der Ukraine-Politik wäre wünschenswert. Dass diese aber zunehmend in ein moralisch aufgeladenes Schwarz-Weiß-Denken abgleitet, ist besorgniserregend.

Am Ende bleibt eine einfache Frage: Sollte die Welt auf ein absolutes Kriegsziel ohne Alternativen zusteuern – oder sollte es weiterhin Raum für Diplomatie und Verhandlungen geben? Wer Letzteres als “Rechtspopulismus” abtut, verrät nicht nur die Grundprinzipien der Demokratie, sondern auch den eigentlichen Sinn europäischer Politik: Konflikte nicht durch Gewalt, sondern durch kluge Strategien und Dialog zu lösen.

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