Lieferengpass und Lieferstopp für Thrombose-Medikamente „wegen gesteigerter Nachfrage“

Symbolbild: Besorgter Arzt; Freepik @ivanmoreno

Es ist nur eine ganz kleine Nachrichtenmeldung in einem Magazin für Ärzte, doch die Bedeutung ist brisant. Wichtige Thrombose-Medikamente werden in Deutschland gegen Ende 2022 bis weit in das Jahr 2023 hinein schwer bis gar nicht mehr verfügbar sein. Dies betrifft vor allem Herzinfarkt-, Schlaganfall- und Lungenembolie-Patienten, deren medizinische Versorgung somit nicht mehr gewährleistet ist. Grund wäre eine „gesteigerte Nachfrage“.

Woran man es wohl liegen, dass die weltweite Nachfrage nach Thrombosemitteln so stark zugenommen hat? Wir überlassen die Interpretation der Fantasie der Leser, um die tagtäglich stärker werdenden Zensurmaßnahmen zu umgehen. Jedenfalls wird dies von arznei-telegramm.de als Begründung dafür genannt, dass die Versorgung mit den wichtigen Thrombosemedikamenten Alteplase (ACTILYSE) und Tenecteplase (METALYSE) knapp wird. Für ACTILYSE wird Ende 2022, für METALYSE „spätestens Juli 2023“ mit einem Komplett-Lieferstopp gerechnet. Für wie lange wurde nicht bekanntgegeben.

Hersteller der für Thrombosepatienten lebenswichtigen Medikamente ist Boehringer-Ingelheim. Das Unternehmen weist in einem Informationsschreiben auf die Problematik hin. Man könne die Produktionskapazitäten nicht ausweiten, zudem hätte man in letzter Zeit auch mit Qualitätsproblemen zu kämpfen. Arznei-Telegramm schreibt in nahezu emotionalem Tonfall: „Sinnvolle Lösungen für die Versorgungsprobleme hat Boehringer in dem Schreiben nicht anzubieten.“

ACTILYSE gilt in der Intensivmedizin als das erste Mittel der Wahl bei Herzinfarkt und Schlaganfall. Sachkundige sprechen von einer drohenden Katastrophe in der Gesundheitsversorgung – und zwar einer echten, im Vergleich zur behaupteten Katastrophe der vergangenen Jahre. Wir haben den vollständigen Infobrief von Boehringer-Ingelheim auf der Gelben Liste gefunden (Link Gelbe Liste siehe hier – bzw. Link zum Infobrief hier). Dabei zeigt sich, dass noch ein drittes Medikament, ACTILYSE CATHFLO betroffen ist, hier wurde die Produktion mit sofortiger Wirkung eingestellt um die Rohstoffe für ACTILYSE zur Verfügung zu haben.

Bei METALYSE möchte der Hersteller die Haltbarkeit von 24 auf 36 Monate erhöhen lassen – eine diesbezügliche Anfrage wurde bei der EMA eingereicht. Der Text weist darauf hin, dass dafür die Produktzusammensetzung geändert wird („Einreichung einer entsprechenden Variation bei der EMA“). Bei allen betroffenen Medikamenten wird dazu aufgerufen, sorgsam mit den Beständen umzugehen und Vergeudung zu vermeiden.

Es gibt keine zugelassenen Alternativen

Wenig hilfreich ist auch der Umstand, dass der Hersteller als Alternative zu ACTIYLSE auf das Medikament METALYSE verweist, als Alternative zu METALYSE auf ACTILYSE. Das muss man sich in dieser Situation erst einmal trauen. Ansonsten gibt es laut Hersteller am Markt keine zugelassenen Ersatzmedikamente. Statt Medikamente sollen die Krankenhäuser für die Thrombose-Therapie bei akutem Herzinfarkt, Schlaganfall oder Lungenembolie auf „mechanische Behandlungen“ umstellen: Chirurgische Embolektomie / perkutane Kathederbehandlung / mechanische Thrombektomie. Im Falle eines „Herzinfarktes mit andauernder ST-Streckenhebung oder frischem Linksschenkelblock“ käme sonst METALYSE zum Einsatz, in Zukunft wird die mechanische Intervention „perkutane transluminale Koronar-Angioplastie“ empfohlen.

Was nicht dazu gesagt wird ist, dass gewiss nicht alle Krankenhäuser auf diese mechanisch-handwerklichen Eingriffe vorbereitet sind bzw. über ausreichend kompetentes Personal verfügen um die Vielzahl auftretender Fälle zu behandeln. Von Report24 befragte Fachleute äußern die Sorge, dass viele Patienten vielleicht zu retten sind, aber von mehr bleibenden Schäden und Behinderungen auszugehen wäre.

Für Änderungen an den Produktionskapazitäten werden Bewilligungen erst in zwei Jahren erwartet. Hier soll die Alteplase-Produktion nach Wien verlegt werden, um Produktionskapaziäten in Biberach/Riß (Deutschland) freizumachen. Diese Standortänderungen sollen im ersten Quartal 2024 bei der EU eingereicht werden. Es wird in Zusammenarbeit mit dem zuständigen Bundesministerium auf eine beschleunigte Zulassung gehofft. Interessant ist, dass man innerhalb kürzester Zeit zwar Kapazitäten schaffen konnte, um Milliarden Dosen einer Gentherapie herzustellen – aber für die überlebenswichtigen Thrombosemittel lässt sich die Produktion nicht ausweiten.

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