Inseratenskandal: kleine Rädchen werden nun verhaftet, die Anstifter bleiben frei

Symbolbild: Freepik @kues1

Bei Skandalen der Mächtigen, Reichen und Schönen zählen so genannte „Bauernopfer“ zu den widerwärtigsten Dingen, während die Rädelsführer meistens frei und unbehelligt bleiben. Dieses Gefühl beschleicht einen bei der Nachricht, dass nun die Geschäftsführerin jenes Umfrageinstitutes verhaftet wurde, welche für Steuergeld Gefälligkeitsumfragen erstellt haben soll, welche dann in einem Boulevardblatt veröffentlicht wurden. Der Hauptnutznießer Sebastian Kurz flüchtet sich in die parlamentarische Immunität.

Ein Kommentar von Florian Machl

Wer das umfangreiche Papier der Staatsanwaltschaft studiert hat, kommt zum Schluss, dass sowohl die Ermittlungen als auch die zu erwartenden Anklagepunkte gegen mehrere Verdächtige durchaus Substanz haben. Vorab, weil es gesetzlich so gefordert wird: Es gilt für alle direkt und indirekt erwähnten Personen die Unschuldsvermutung, während für die Österreicher leider nach wie vor statt der Gesundheitsvermutung die Corona-Vermutung gilt. Doch dies ist (noch) eine andere Geschichte. Wobei viele Kritiker zu Recht fragen: Wenn Umfragen und Berichte hinsichtlich der ÖVP und deren Wunschagenden gefälscht oder aus Gefälligkeit verfasst und publiziert wurden – welcher Corona-Statistik, welcher Corona-Berichterstattung kann man dann trauen? Meine persönliche Meinung: Keiner einzigen.

Doch das Thema ist die vorläufige Festnahme der Geschäftsführerin des Marktforschungsinstitutes Research Affairs, der die Staatsanwaltschaft offenbar intensive persönliche Verwicklung in die behaupteten Vorgänge vorwirft. All die feinen Herren in ihren Slim-Fit Maßanzügen können sich mit abgespreizten kleinen Fingerlein und viel Bussi, Bussi ihre Lieblingsgetränke- und Pulver gönnen, während man ein kleines Rädchen, ausgerechnet eine Frau, ins Gefängnis schickt. Das kann ich ermittlungstaktisch nachvollziehen, menschlich habe ich meine Probleme damit. Die Begründung für den Schritt ist, dass die Dame vor der Hausdurchsuchung offenbar ihre Festplatte gelöscht hat und damit Verdunkelungsgefahr bestehe. Die sich ableitende Ermittlungstaktik dürfte aber eher psychologischer Natur sein.

Druck auf junge Frau um Aussage zu erhalten

Die 36-jährige Frau wird definitiv nicht damit gerechnet haben, von der Staatsanwaltschaft in Gewahrsam genommen zu werden. Üblicherweise will man möglichst rasch aus so einer Situation wieder herauskommen, nach Hause zu Lebensgefährte, eventuell Kindern, Freunden, Familie. In einer engen Zelle über sein Schicksal nachzudenken und festzustellen, dass man nur eine kleine Spielfigur für die Mächtigen war, welche jetzt geopfert werden soll, kann durchaus die Zunge lockern. Eine Lebensbeichte für die Freiheit? Würde man von einem vom Leben gestählten, von Narben übersäten Mafiosi wohl nicht bekommen, aber von einer jungen Frau? Gut gespielt, liebe Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft.

Man muss aber im Vergleich die Frage stellen, wie es moralisch vertretbar ist, eine 36-jährige zu Inhaftieren während man dem Finanzminister bei seiner Hausdurchsuchung zugestand, telefonisch seine Lebenspartnerin zu informieren, die in Folge das wichtigste Beweismittel, den Laptop außer Haus schaffen konnte. Wenn bei der Marktforscherin Verdunkelungsgefahr als Grund für die Festnahme angeführt wird, warum bestand diese bei Herrn Blümel nicht? Als es seitens der ÖVP vor den Inserateaffären-Hausdurchsuchungen zwei Pressekonferenzen gab, wo man der Justiz eine lange Nase drehte und sagte, man habe ohnehin schon alles vernichtet – bestand da auch keine Verdunkelungsgefahr? Der Gerechtigkeitssinn und der Anstand finden diese Prioritätensetzung nicht in Ordnung.

Beim Schreddergate bestand keine Verdunkelungsgefahr?

Man kann noch weiter zurückgehen und die Frage stellen, was die handelnden Personen zu verbergen hatten, als sie mehrere Festplatten bei eine Spezialfirma schreddern ließen. Es war wohl ein einmaliger Vorgang, dass man diese Festplatten gleich dreimal zerreiben und zermahlen ließ, sodass nur Staub übrigblieb, welcher dann vom Schredderbeauftragten persönlich mitgenommen wurde. Jeder in Österreich weiß, dass man mit dieser Sache etwas Größeres vertuschen wollte. Meine eigenen Quellen sehen einen Zusammenhang mit dem Wirecard Skandal – doch Bestätigung gibt es für diesen Verdacht noch genau so wenige wie es unter den hohen Herren und Anzugtätern Festnahmen gab. Manche Tiere sind eben gleicher als gleich.

In jedem Fall sollte man auch berücksichtigen, dass die Firma Research Affairs auch zahlreiche Umfragen zum Thema Corona durchgeführt hat. Auf der Unternehmenshomepage sind zurzeit noch öffentlich:

  • Wie stehen die ÖsterreicherInnen dem Ankauf von Sputnik V gegenüber?
  • Einstellung zu regionalen Lockerungen bzw. Verschärfungen der Corona-Maßnahmen
  • Welchen Stellenwert hat der Valentinstag in Zeiten der Corona-Krise?
  • Welche Anreize können die ÖsterreicherInnen zur Corona-Impfung bewegen? 
  • Wie ernst wurde der Corona-Virus im Jänner 2020 genommen?

Ich möchte nicht unterstellen, dass auch nur eine dieser Umfragen gefälscht ist. falls die Ermittlungen aber ergeben, dass das Institut wirklich auf politischen Zuruf geschönte Statistiken herausgab, sollten sich diese Ermittlungen auch auf das Corona-Thema ausweiten. Denn dann wäre alles fraglich, was aus besagtem Haus gekommen ist.


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