Begriffe kritisch gedacht – künstliche Aufregung über „kulturelle Aneignung“

Die kritische Analyse von Verhaltensweisen und Begriffen kann zu teilweise erschreckenden Erkenntnissen führen – wie eine Diskussion zum Thema kulturelle Aneignung mit einer Freundin vor kurzem zeigte. Speziell wenn man Begriffe streng wörtlich nimmt.

Ein Gastkommentar von Andrea Drescher

„Kulturelle Aneignung“ – die neueste Kampagne der „woken“ Community

Wer verbreitet denn diesen ganzen Wahnsinn über „kulturelle Aneignung“? Wer will Winnetou, Reggae-Musik und Rastalocken unterbinden? Sind das AFD, FPÖ oder IB? Leider und ich betone – LEIDER – nein. Vertreter dieser Gruppierungen mögen zwar häufig gegen Döner und Moscheen wettern, aber so weit geht nicht einmal das rechte Spektrum der Patrioten: Künstler von der Bühne jagen zu wollen, die Bob Marley interpretieren. Es sind die sogenannten „Linken“, also die „sozialen“ oder „sozialistischen“ Kreise, aus deren Mitte derartige Forderungen kommen. 

Worauf läuft diese Kampagne hinaus? Ganz offensichtlich auf den Rückzug auf die kulturellen Werte der eigenen „Nation“. Man muss also wieder „national“ denken und agieren, im eigenen Kulturfeld essen und trinken, Geschichten, Märchen und Romane nur noch aus dem eigenen nationalen Umfeld erzählen, weil man sich ja kulturell sonst etwas aneignet.

Wofür steht nun der inflationär genutzte Begriff NAZI? Für „national-sozialistisch“. Dabei handelt es sich natürlich nicht um eine korrekte Abkürzung, aber das ist nun mal die gängige Nutzung im Sprachgebrauch. Wofür steht also „kulturelle Aneignung“, wenn man diese Analyse zu Ende denkt? Für eine völlig andere „NAZI“-Bewegung, dort, wo sie niemand vermutet.

Quod erat demonstrandum – QED – würde der Lateiner sagen. Aber auch diese lateinische Abkürzung ist möglicherweise auch wieder eine kulturelle Aneignung, obwohl wir sie bereits vor zig Jahren im Mathematik-Studium verwendet haben. 

Die Reichen werden wieder einmal reicher

Als Weißer Rastalocken zu tragen, geht gar nicht, so will es die „Woke“-Bewegung. Dass es internationale Konzerne sind, welche sich ganze Länder materiell aneignen, scheint in der woken Protestbewegung nur eine nachgelagerte Bedeutung zu haben. 

Ziehe ich einen anderen Vergleich mit der sehr unrühmlichen Vergangenheit Deutschlands und Österreichs und der heutigen Zeit, muss ich z.B. leider feststellen, dass vom „Tausendjährigen Reich“ seinerzeit insbesondere die Konzerne profitierten. So kann man beim ehemaligen Nachrichten-Magazin Spiegel lesen: „Mit Zwangsarbeit und »Arisierung« bauten Dynastien wie Quandt, Flick und Oetker im Nationalsozialismus ihre Imperien aus.“ Auch die IG Farben ist hoffentlich wohl jedem ein Begriff. 

Und wer profitiert heute von dem, was in der Gesellschaft passiert? Arbeitnehmer, Rentner, kleine und mittelständische Unternehmen wohl eher nicht. Es sind die internationalen Konzerne und die „Stakeholder“, die hinter den Unternehmen der sogenannten Plattformökonomie stecken – Uber, Amazon und Booking und natürlich Finanzkonzerne wie Blackrock oder Vanguard – lassen grüßen. 

Auch da scheint sich nicht viel geändert zu haben. Opfer war und ist der bekannte „kleine Mann“ bzw. die „kleine Frau“. Auch wenn sich die politisch Verantwortlichen aktuell wieder „links“ nennen: das, was sich heute als „links“ positioniert, hat mit echten linken Werten wenig bis gar nichts gemein. Auch im  Tausendjährigen Reich vertrat die NSDAP nicht die Interessen der Arbeiter – selbst wenn sie den Begriff „Arbeiterpartei“ im Namen führte. Direkt nach der Machtergreifung wurden die Vertreter der Arbeiterschaft, die Kommunisten und viele Sozialdemokraten in die KZs gesteckt, aber das ist eine andere Geschichte.

Vom Umgang mit Literatur – damals und heute

In der Nazi-Zeit wurden Bücher verbrannt. Heute werden Bücher virtuell verbrannt bzw. gesellschaftlich verdammt. Cancel Culture und kulturelle Aneignung machen es möglich.

 Im April 2022 erfuhr der staunende Leser – also ich – von der Berliner Zeitung: „Anstößig und beunruhigend“ Cancel-Culture: Britische Universität warnt vor „1984“

Die Zeitung schreibt: „Männer und Frauen bestimmter Studiengänge werden an der britischen Universität Northampton vor einem Klassiker der Literatur gewarnt. Laut britischen Medienberichten teilte die Uni den Studierenden des Kurses „Identity Under Construction“ mit, hier würden „schwierige Themen im Zusammenhang mit Gewalt, Geschlecht, Sexualität, Klasse, Rasse, Missbrauch, sexuellem Missbrauch, politischen Ideen und anstößiger Sprache“ behandelt. Dazu gehört der Universität zufolge auch das Buch 1984 von George Orwell.“

Im Mai 2022 echauffierte sich der werte-westliche Mainstream dann allerdings darüber, dass dieser Klassiker in Weißrussland verboten worden sei. Das ist Staatsterror. Nachzulesen beispielsweise in einem der Flaggschiffe der Qualitätsmedien, der FAZ.

Erst kürzlich wurde bei Ravensburger die Auslieferung eines Buches über Winnetou gestoppt. Dazu liest man im ORF: „Beschäftigen uns intensiv mit kultureller Aneignung“ Das Feedback habe gezeigt, dass „wir mit den Winnetou-Titeln die Gefühle anderer verletzt haben“, erklärte der Verlag bereits vor einigen Tagen auf Instagram. „Das war nie unsere Absicht“, erklärte Ravensburger weiter und entschuldigte sich „ausdrücklich“. Zudem heißt es: „Unsere Redakteur*innen beschäftigen sich intensiv mit Themen wie Diversität oder kultureller Aneignung.“

Der Faschismus kommt wirklich sehr vornehm daher und verkleidet sich – erneut – hinter einer „linken“ bzw. neu einer „grünen“ Fassade und hinter dem wohlklingenden Begriff der „kulturellen Aneignung“. Man achtet auf den Gender-Stern, kann vermutlich sämtliche 72 Geschlechter herunterbeten und zensiert, was das Zeug hält. 

Die Analyse der Begriffe und Verhaltensmuster führt für mich als Linke zu einer erschreckenden Sicht. Aber derartige Vergleiche sind oftmals eine Verharmlosung und dürfen nicht leichtfertig gezogen werden. Die damaligen Greueltaten in den KZs oder auf den Schlachtfeldern lassen sich nicht mit der heutigen Zeit vergleichen. Auch wenn der Begriff NAZI inzwischen für alle Andersdenkenden missbraucht wird: ich tue es nicht. Aber erschreckend ist die Analyse schon, nicht wahr?

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